Schlacht um Danzig
Kurland- Schlacht (Auszug)
Im Mai 1944 Transport der Division in das Einsatzgebiet der Heeresgruppe
Nord, 16. Armee.
Juni 1944 Polozk, ab Juli 1944 bis Januar 1945 Rückzugskämpfe durch
Lettland/Kurland.
Februar/März 1945 Verlegung zur 2.Armee. Kämpfe um Westpreußen und Danzig.
Die Schlacht um Danzig
Soweit mir bekannt ist, sind die Kampfhandlungen, die Ende März 1945 zur
Einnahme Danzigs durch die Russen führten, bisher nur in Teilgebieten oder
nur summarisch dargestellt worden. Ich will versuchen, eine ausführlichere
Übersicht zu geben und dabei auch auf Einzelheiten einzugehen. Bei letzteren
stütze ich mich auf Berichte von Teilnehmern an den Kämpfen und auf
Erinnerungen von Danzigern. die diese Zeit in Danzig erlebt und darüber
berichtet haben. Solche Erinnerungen sind im Laufe der Jahre zahlreich in
Unser Danzig veröffentlicht worden.
Ein starker Anreiz, mich eingehender mit den letzten Wochen und Tagen
Westpreußens und Danzigs zu befassen, war der Wunsch, mir einmal Klarheit
über den Verlauf der Operationen im Februar und März 1945 zu verschaffen.
Manches, was ich in dreißig Jahren darüber gehört und gelesen hatte, schien
mir unklar, ja widersprüchlich zu sein, so einige Daten aus den letzten
Tagen der Katastrophe, oder die Antwort auf die Frage, ob die Stadt selber
noch verteidigt worden ist, ob also in der Stadt selbst noch Kämpfe
stattgefunden haben wie etwa in Elbing, Marienburg, Graudenz, Gotenhafen
oder Königsberg. Auch suchte ich nach einer Erklärung, warum der Angriff der
Roten Armee auf Danzig so verhältnismäßig schnell vorankam und warum der
Abwehrring um die Stadt schließlich so rasch zerbrach. Es waren doch seit
langem überall Abwehrstellungen gebaut worden?.
Beginnen muss man mit der Ausgangsstellung für die spätere Abschnürung und
Eroberung Danzigs. Die am 14. Januar 1945 zum Angriff angetretene 2.
Weißrussische Front des Marschalls Rokossowsky hatte von ihren beiden
Brückenköpfen bei Pultusk am Narew aus die Front der ihr gegenüberstehenden
deutschen 2. Armee unter Generaloberst Weiß völlig zerschlagen und mit ihren
Panzerspitzen in zehn Tagen die Weichsellinie zwischen Elbing und Bromberg
erreicht Am 28. Januar waren nur noch Elbing, Marienburg, Graudenz und Thorn
in deutscher Hand, die westlich der Weichsel gelegenen Teile Westpreußens
durch den russischen Vorstoß bis Elbing von Ostpreußen getrennt
Die 1. Weißrussische Front unter Marschall Schukow, die zwei Brückenköpfe
südlich Warschaus besaß. hatte seit dem Angriffsbeginn und Durchbruch am'
14. 1. mit einer beispiellosen Panzerwoge schon nach 14 Tagen im Westen die
Oder bei Frankfurt erreicht und nach Norden die Netze überschritten. Ihr
weiteres Vordringen nach Pommern hinein war Anfang Februar auf der
ungefähren Linie Schwedt—Amswalde-Dt. Krone—Pr. Friedlaad—Schwetz mit Mühe
und Not zum Halten gebracht worden. Anfang Februar befanden sich also im
Westen von Danzig noch Pommern, im Süden der ehemalige polnische Korridor
bis etwa zur Linie Pr. Friedland-Schwetz und im Osten eine schmale
Landverbindung mit Königsberg über die Frische Nehrung in deutscher Hand.
östlich der Weichsel hielten sich nur noch Elbing, Marien-burg und Graudenz.
In diesem Gebiet verteidigte die geschlagene, aber nicht vernichtete 2.
Armee nun den Raum zwischen der Weichsel und der Linie Stolp-Pr. FriedlandL
Die natürlichen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Verteidigung dieses
Raumes waren günstig. Seine Ostgrenze bildeten das teilweise unter dem
Meeresspiegel liegende große Mündungstiefland der Weichsel mit seinen
zahlreichen Wasserläufen, Vorflutern und Entwässerungsgräben, das man zudem
durch Durchstechen der Dämme unter Wasser setzen konnte—und das späte auch
tat-, und anschließend das breite Tal der Stromweichsel mit seinen steilen
Rändern, auf denen oben die Städte Dirschau, Mewe, Neuenburg und Schwetz
liegen; im Süden erstreckte sich zwischen Schwetz und Konitz die Tucheler
Heide, ein etwa 50 km tiefes Waldgebiet, das massierte Panzerangriffe sehr
erschwert. Viele Seen darin gewährten noch zusätzlichen Schutz. Auf der
Westseite gegen Pommern boten die kaschubische Seenplatte mit ihren
langgestreckten, meist nordsüdlich verlaufenden Seen, zahlreiche Seenengen,
große Wälder und unübersichtliches, stark und tief zertaltes Gelände einer
entschlossenen Verteidigung gute Chancen.
Für den Nachschub standen auch nach dem Verlust der Landverbindung mit
Stettin die leistungsfähigen Häfen von Danzig und Gotenhafen zur Verfügung,
denn die deutsche Marine besaß die Seeherrschaft in der Ostsee. Vier
Hauptbahnlinien führten von diesen Häfen fächerförmig in den zu
verteidigenden Raum hinein, die noch durch mehrere Nebenstrecken ergänzt und
miteinander verbunden waren. Dieses Bahnnetz spielte denn auch bei der
Treib-Stoffknappheit eine wichtige Rolle. Ebenfalls auf die Versorgungsbasis
Danzig-Gotenhafen ausgerichtet war das Straßennetz - alles zusammen
raummäßig also eine durchaus erfolgversprechende Ausgangslage.
Doch was stand für die Verteidigung dieses ziemlich umfangreichen Gebietes
zur Verfügung? Es waren zunächst nur die geschlagenen und furchtbar
dezimierten Divisionen der 2. Armee. Die Truppe war erschöpft. entmutigt,
verbittert, sie hatte keine schweren Waffen mehr, von wirksamer
Unterstützung durch die Luft-Waffe ganz zu schweigen. Dann waren zwar einige
halbwegs intakte Divisionen aus Kurland
und aus dem Westen zugeführt worden. aber alle wurden sie in entscheidenden
Situationen durch den gegen Kriegsende allgemein spürbaren Treibstoffmangel
in der so notwendigen Beweglichkeit behindert. ganz im Gegensatz zu den
angreifenden Sowjets. Diese besaßen eine überwältigende Überlegenheit an
Menschen und Material. sie konnten ihre Angriffsschwerpunkte ständig
wechseln, örtlichen Widerstand umgehen, Einbruchstellen durch schnelle
Zuführung von Verstärkungen vergrößern und zu Durchbrüchen erweitern — und
sie wussten diese Vorteile auszunutzen.
Es kam hinzu, dass die meist zu spät erfolgte Evakuierung der
Zivilbevölkerung und ihre Flucht unvorstellbar verstopfte Straßen zur Folge
hatten, was ebenfalls die Operationen der deutschen Truppen in hohem Maße
behinderte. Nicht zuletzt aus diesem Grunde konnten wichtige
Verteidigungsräume manchmal nicht rechtzeitig erreicht und besetzt werden.
Und schließlich wird es hier und da den Russen auch gelungen sein, durch aus
deutschen Gefangenen bestehende Antifagruppen Panik und Verwirrung in der
deutschen Front zu verbreiten, wie Major Lew Kopelew, Leiter einer solchen
Propagandagruppe, berichtet. So hatte seine Gruppe ein deutsches Regiment in
Graudenz veranlasst, die Waffen niederzulegen; die Garnison der Festung
kapitulierte daraufhin, Doch eine entscheidende Rolle spielten sie wohl
nicht, ebenso wenig wie die polnischen Partisanengruppen in der Tucheler
Heide.
Unter den seit Ende Januar neu zugeführten Divisionen. die dünne Front der
2. Armee verstärken sollten, befanden sich die 31., 32. und 227.
Infanteriedivision und die 4. Panzerdivision, altbewährte Divisionen aus
Kurland. Die 4. PzD und die 227. ID
wurden zu Hauptstützen der Abwehrkämpfe an der Südfront der 2. Armee. Das
war zunächst die am meisten gefährdete Front. Sie bestand anfänglich
lediglich aus einem dünnen- Beobachtungsschleier ausschnell
zusammengerafften, wenig kampfkräftigen gen Einheiten.
Abwehrkämpfe in und beiderseits der Tucheler Heide
Nach der Einnahme Brombergs am 27. 1. bot sich den Sowjets die Möglichkeit
die Weichselfront von der Flanke her rum Einsturz zu bringen. Sie traten am
1. Z mit starken Infanterie und Panzerkräften zum Angriff nach Norden an mit
dem Ziel, die Front von rückwärts aufzurollen und die bei Graudenz noch
ostwärts des Flusses kämpfende deutsche 83. ID abzuschneiden. In den ersten
Februartagen erzielten sie westlich Schwetz einen tiefen Einbruch, der bis
Osche reichte, das an der Straße nach Pr. Stargard liegt (Siehe Karte 1) .
Zur Verstärkung dieser bedrohten Front setzte nun das in Pr. Stargard
befindliche Oberkommando der 2. Armee die 4. PzD sowie die 227. ID ein.
Beide Divisionen, auf dem Eilmarsch nach Süden zur Front aus den Reihen
zuruckweichender Einheiten als Blödmänner und Kriegsverlängerter beschimpft,
waren noch ungebrochen in ihrem Kampfwillen. Die als erste zur Verfügung
stehende 4. PzD schirmte seit dem 26. 1. von Schwetz bis Zempelburg ab, das
sind 75 km Fronlinie; die 227. ID, die vorher die Weichselfront zwischen
Dirschau und Neuenburg stabilisiert hatte, konnte eist seit dem 4. 2. am
Südrand der Tucheler Heide, westlich Osche, eingesetzt werden.
Die 4. PzD führte im Raum Osche am 1. und 2. Februar mit allen dort
verfügbaren Kräften -und das waren lediglich zwei schwache Panzerkompanien.
die nur wenige Liter Benzin in den Tanks und ganz geringe
Munitionsbeständehatten — einen Flankenstoß gegen den sowjetischen
Einbruchskeil. Am 3. 2, stießen die deutschen Panzer noch einmal vor.
gewannen Gelände nach Osten und konnten es auch am 5. und 6. halten. Sie
nahmen einen Teil der aus Thorn ausgebrochenen 31. und 73. ID auf. mussten
sich jedoch danach vor der russischen Übermacht wieder zurückziehen.
Am 10. Februar trat der Russe zum Angriff gegen die 227. ID und die westlich
anschließende 4. PzD an. Sie konnten sich zwei Tage behaupten, wurden dann
aber aus Munitionsmangel ein paar Kilometer zurückgedrückt Die neue
Hauptkampflinie (HKL) verlief nun etwa
im Zuge der alten .Napoleonstraße". die von Tuchel über Osche nach Neuenburg
führte. Doch die personelle Lage war katastrophal So hatte beispielsweise
das L BU. des Panzergrenadierregiments 33 der 4. PzD am 11. 2. nur noch eine
Kampfstärke von zwölf Mann, und diese zwölf Mann sollten einen
Frontabschnitt von 12 km halten! Eine durchlauf ende Verteidigungslinie war
darum nicht möglich.
Das nächste Durchbruchsziel der Sowjets wai Tuchel. dessen Bahnhof für den
deutschen Nachschub so wichtig war. Die Schlacht um Tuchel wogte hin und her
vom 11. bis 14. Februar. Die Abwehr war nur stützpunktartig möglich. und
zwischen diesen Stützpunkten brachen die russischen Panzer immer wieder
durch. so dass die Stadt schließlich in der Nacht zum 15. 2. geräumt werden
musste. Doch ein russischer Durchbruch nach Norden konnte verhindert und das
Vordringen der Roten Armee erheblich verlangsamt werden. Bei Tuchel wurden
allein von der 4. PzD 99 Feindpanzer abgeschossen.
Die Hoffnung auf eine plötzliche Änderung der politischen und militärischen
Lage ließ die Divisionen der Südfront den ganzen Februar hindurch um jedes
Waldstück, jeden Höhenzug erbittert kämpfen. Am 16. 2. war die Lage bei der
227. ID zum Zerreißen gespannt, da kein Sprit und keine Munition mehr da
waren. Die Front musste alle paar Tage zurückgenommen werden. Hielt eine
Division und Nachbarn
gingen zurück, dann musste auch die Front der haltenden Division
zurückgenommen werden, um nicht überflügelt und abgeschnitten zu werden. Ein
Wiedergewinnen einmal verlorenen Geländes aber war wegen der immer mehr
zusammenschmelzenden Kampfstärke nur noch selten möglich. Konitz wurde von
der Panzeraufklärungsabteilung 4 der 4. PzD bis zum 18. Februar verteidigt,
zuletzt mit Unterstützung der dort neu eingesetzten 7. PzD. Diese hatte
vorher bei der Verteidigung Elbings mitgewirkt; als Elbing am 11. 2.
aufgegeben wurde und zudem Tauwetter eingesetzt hatte, so dass ein
russischer Panzerangriff im Marienburger Werder nicht mehr zu befürchten
war. konnte die Division. an die Südfront in Marsch gesetzt werden.
Der russische Druck im Süden ließ nicht nach. Die Sowjets schoben sich zwar
langsam, doch unaufhaltsam durch die Tucheler Heide nach Norden. Am 20.
Februar verlief die deutsche Abwehrlinie beiderseits Heiderode (Czersk) am
Schwaizwasser entlang nach Osten bis Lubichau und weiter über Gr. Wollental
nach dem neuen Eckpfeiler Mewe. Dort an der Weichsel waren nach harten
Kämpfen am 13. 2. Schwetz, am 18. 2. Neuenburg verlorengegangen. Die ab 16.
2. nach der Zerstörung der Weichselbrücke völlig eingeschlossene schwache
Besatzung von Graudenz. wo am 16. 2. noch die 83. ED abgezogen worden war,
hielt sich in der Feste Courbiere noch bis zum 5. März.
Einbrüche westlich und östlich Heiderode über die Bahnlinie hinweg nach
Norden konnten vom 20. bis 24. 2. mit Hilfe der 4. PzD in schwungvollen
Gegenangriffen wieder bereinigt werden. Diese Division hatte am 18. 2. neue
Panther-Panzer erhalten. die auch den russischen Stalinpanzer knacken
konnten, und wurde nun herausgelöst und als Armee-Gegenstoß-Reserve
bereitgehalten. Sie griff jetzt mit Kampfgruppen in die Kämpfe zwischen
Konitz und Pr. Stargard ein und stützte die wankende Front immer wieder ab.
Eine Ruhepause, so nötig sie gewesen wäre, gab es für sie nicht.
Am 25. Februar hatten sich die erbitterten Abwehrkämpfe in die Gegend
südlich Pr. Stargard und nördlich Heiderode verlagert. Hart gerungen wurde
insbesondere um Lubichau und Gr. Wollental, um den russischen Angriff auf Pr
Stargard zu stoppen. Beide Ortschaften, 15 km südlich Pr. Stargard sowohl an
Bahnstrecken als an großen Straßen gelegen, wurden erst nach tagelangen
Kämpfen preisgegeben.
Die deutschen Panzer werden abgeschnitten
Die in Danzig verbliebene Bevölkerung hatte die ganze zweite Hälfte des
Februars hindurch mit wachsehdei1 Besorgnis die Wehrmachtsberichte verfolgt
in denen fast täglich von schweren Kämpfen in der Tucheler Heide die Rede
war. Sie ahnte noch nicht, dass die Katastrophe nicht von Süden, sondern von
Westen her über die Stadt hereinbrechen würde.
Am 4. März -wurde die 4. PzD überraschend von einer Stunde zur anderen von
ihrem damaligen Einsatzraum nördlich Heiderode zum 50 km entfernten Bütow
befohlen. Sie sollten dort bei der 3ZID „die Lage wiederherstellen“.
Was war geschehen? Warum wurde die seit Ende Februar wieder fast kriegsstark
ausgerüstete 4. PzD aus der schwer ringenden Südfront herausgelöst und Hals
über Kopf nach Westen, nach Pommem. geworfen?
Eine dramatische Änderung und Verschlechterung der Lage war eingetreten: die
Russen hatten in den letzten Februartagen in Pommern die dünne Front
zwischen Rummelsburg und Bublitz durchstoßen, und ein zunächst schmaler,
dann sich immer mehr nach den Seiten verbreiternder Panzerkeil war in
schnellem Vordringen durch Pommern nach Norden zur Ostseeküste. Ein Teil
hatte nach Osten eingedreht und bedrohte nun die gesamte 2 Armee.in
Westpreußen von rückwärts. Die Abwehrfront der 32. ID bei Gr. Tuchen. 12 km
südwestlich Bütows, wurde mit überlegenen Kräften angegriffen und konnte nur
durch das Eingreifen eines Panzerregiments der 4. PzD am 5. 3. mit Mühe vor
dem völligen Zusammenbruch bewahrt werden.Auch bei der nächsten und
übernächsten westlichen Nachbardivision waren rückläufige Bewegungen zu
erkennen.
Da zu diesem Zeitpunkt aber die Spitzen der russischen Panzerkeile bereits
die Küste bei Köslin erreicht hatten, ohne auf zusammenhängenden Widerstand
zu stoßen — zwischen Bütow und der Küste beland sich nur eine einzige
Division, die 215. ID, mit wenigen Panzern — und die 2. Armee damit isoliert
war. beschloss die Armeeführung am 5. oder 6. März, die Front in den Raum
Neustadt — Karthaus zurückzunehmen, einen verkürzten Abwehrriegel hinter dem
Zamowitzer See und über Neustadt und Karthaus nach Dirschau verlaufend
aufzubauen und so lange wie es irgend ging zu halten. damit noch möglichst
viele Menschen über See herausgebracht werden könnten. Am 6. März wurde
daher eine gepanzerte Kampfgruppe der 4. PzD in Bütow zum Eisenbahntransport
in einen neuen Einsatzraum in der Gegend von Neustadt verladen.Der
Transportzug kam am frühen Morgen des 7. März jedoch nur bis Damerkow, 20 km
nördlich Bütow: dort waren bereits die Russen! Und eine neue Hiobsbotschaft,
ein dringender Funkspruch, erreichte die vor Damerkow ausgeladenen Panzer:
.Neue Lage. Sowjetpanzer im Angriff auf Karthäus. Beschleunigt nach Karthaus
durchkämpfen!".
So rollte die Kampfgruppe am 7. 3. auf der noch feindfreien großen Straße
über Sierakowitz nach Osten in Richtung Karthaus. Unterwegs traf sie auf ein
Chaos von ineinander verkeilten Flüchtlingstrecks. die einen drängten nach
Stolp, die andern zurück nach Karthaus.
wieder andere druckten von Norden herunter und von Süden herauf. Der
Fluchtweg über Pommern nach Westen war versperrt, ein Entkommen gab es für
die Trecks von nun an nur noch nach Gotenhafen und Danzig — falls sie
überhaupt noch durchkamen. Denn mittlerweile hatten die Russen mehrere tiefe
Panzerkeile in die vom 23. Februar bis 6. März noch einigermaßen gehaltene
Südfront getrieben. Diese Südfront verlief damals von Mewe nach Westen zum
Weitsee in der Tucheler Heide südlich Berent. Der gefährlichste und tiefste
Einbruch durchstieß die deutsche Front in der Nacht zum 7. März östlich vom
Weitsee bei Paleschken. Auch die daraufhin hinter die Seenkette südöstlich
Berent zurückgenommene neue Frontlinie wurde — anscheinend während der
Absatzbewegungen — aufgerissen. Die russischen Panzer drangen unaufhaltsam
nach Norden vor und erreichten am Nachmittag des 7. März Eggertshütte. am
Abend Seeresen und Rheinfeld bei Zuckau. Die letzten beiden Orte lagen schon
östlich Karthaus, zwischen Karthaus und Danzig! Das Ziel war deutlich: die
noch im Raum Berent — Bütow — Karthaus stehenden deutschen Verbände, die
227. und 32. ID, die 4. und die 7. PzD, sollten abgeschnitten und
eingekesselt werden. Am 8. März waren die Russen in Zuckau und Seefeld und
blockierten damit die direkte Strasse nach Danzig und Gotenhafen, am 10.
März vor Kölln und Quaschin (Quassendorf). Ihr Angriffsziel war nicht
Karthaus, die Stadt wurde seitlich liegengelassen! Sie blieb daher noch in
deutscher Hand bis zum Abend des 11. März.
Es wurde aber schon am 8. 3. deutlich, dass Karthaus ein verlorener Posten
geworden war, dass eine neue Frontlinie von Neustadt über Karthaus nach
Dirschau nicht mehr aufzubauen war. Die am 8. 3. in Karthaus eingetroffenen
Vorausabteilungen der 4. PzD — das Gros lag ohne Benzin westlich Karthaus
bei Moisch fest — versuchten zwar, den russischen Vormarsch östlich der
Stadt durch Plankenangriffe zu stoppen. Doch der Angriff am Morgen des 8. 3.
aus Gegend Schönberg in Richtung Pollenschin wurde bei Kapellenhütte und
Chielshütte zusammengeschossen. Die Russen waren dort schon viel zu stark.
Ein zweiter am Vormittag des 8. 3. vorgetragener Angriff entriss den Russen
mit dem letzten Tropfen Benzin vorübergehend Leesen; ein Zug der
Panzeraufklärungsabteilung nahm im Handstreich Zuckau. Dieser Erfolg
ermöglichte es dann wenigstens der 2. Armee, zwischen Zuckau und Leesen eine
neue Abwehrfront aufzubauen; sie hat dort bis zum 18. März gehalten.
Am 9. März traf auch die 227. ED in Karthaus ein. Die noch am 3. 3. von ihr
hart südlich des Weitsees gehaltene Front war nm 7. 3. in das Waldgebiet
dicht südlich Berent zurückgenommen worden. Doch auch dort konnte und durfte
sie wegen der in der Nacht zum 7. aufgerissenen linken Flanke nicht bleiben.
Die Gefahr des Abgeschnittenwerdens war zu groß. So wurde am 8. März um 16
Uhr die sofortige Absetzung nach Karthaus befohlen. Die letzten Kolonnen der
227. ID räumten Berent am 8. März um 21 Uhr und mogelten sich auf einem
Umweg über Stendsitz und Borruschin westlich vom Radaunensee — der direkte
Weg über Klobschin und Eggertshütte war schon nicht mehr frei — bei Nacht
und Schneetreiben nach Karthaus durch.
Die 4. PzD beabsichtigte nun, zusammen mit der 227. ID, die Karthaus vor dem
Gros der Panzer erreichte, weil dieses ohne Brennstoff unterwegs festlag,
sowie einem Panzerregiment der 7. PzD und Teilen der 73. ID auf der großen
Straße über Zuckau nach Danzig durchzubrechen. Doch ihr Angriff nm 9. 3.
frühmorgens hatte nur teilweise Erfolg. Der Durchbruch nach Zuckau gelang
nicht Es war schon zu spät,
So blieb jetzt nur die Hoffnung, durch den sofortigen Abmarsch der
Divisionen in nord-westlicher- Richtung in einem weiten Bogen über Schwanau
und Lebno Schönwalde zu erreichen und von dort irgendwie nach Gotenhafen zu
entkommen. Jedoch nur die 227. ID konnte sofort abmarschieren. Sie hatte
Glück. der Weg über Kölln nach Bojahn war am 10. 3 noch feindfrei Der Raum
um Bojahn als Teilstück der neuen Frontlinie um Gotenhafen und Danzig wurde
am 11. März erreicht und besetzt Er sollte eine Woche lang zum Brennpunkt
dei Abwehrkräfte werden; nach seinem Verlust gelang den Sowjets der
Durchbruch zur See zwischen Gotenhafen und Zoppot und damit die Aufspaltung
der 2. Armee.
Die Masse der Panzer dagegen lag am 10 morgens noch immer bewegungsunfähig
mit leergefahrenen Tanks an den Straßen von Bütow nach Karthaus. Und der
Russe drückte den Schlauch von Westen her immer enger zusammen! Nun wurde
als neuer Rückmarschweg für die in Karthaus befindlichen Einheiten der 4.
PzD die Straße Karthaus - Kobissau - Wilanowo - Lebno - Schönwalde -
Steinkrug -Kolletzkau befohlen; sie allein bot noch Aussichten auf ein
Entkommen aus der Umklammerung. Im Raum Kolletzkau sollte dann eine neue
Auffangstellung gebildet werden.
Am 10. März um 5 Uhr morgens meldeten sich die Truppenteile mit
Räderfahrzeugen auf der Strecke zwischen Lebno und Steinkrug, um 17.15 Uhr
die vordersten Panzer aus Schönwalde, doch 21 Panzer mussten zwischen Lebno
und Schonwalde zurückgelassen werden.
Die Division funkte von ihrem neuen Gefechtsstand in Lensitz: .Feind in
Kölln!" Doch auch am 11.3. lag das Gros der Panzer noch fest; die Panzer der
zwei Panzerdivisionen der 2. Armee lagen bewegungsunfähig weit vor dei Front
in den Wäldern zwischen Karthaus und Schönwalde! Die Lage war verzweifelt —
da geschah ein Wunder. Zwei Zugmaschinen mit angehängten Tiefladern beladen
mit Benzinkanister, hatten sich von Gotenhafen auf Schleichwegen durch die
Wälder geschlängelt und machten die bei Kobissau festliegender. Panzer
wieder flott. Und auch durch am 12 März in Schönwalde eintreffenden
Kraftstoff konnten dank aufopfernder Verteidigung von Schönwalde durch
einige Panzer der 4. PzD unter Hauptmann Lange die restlichen Panzer bis zum
Mittag des 13. März betankt werden Am 13. um 12.20 Uhr überschritten sie die
deutschen Linien bei Kolletzkau.
Sie waren buchstäblich im allerletzten Augenblick der Umklammerung entkommen
—denn schon wurde Kolletzkau von starken
sowjetischen Panzerverbänden von Nordwesten her stürmisch angegriffen um die
Zange zu schließen.
Letzte Abwehrfront auf den Höhen um Danzig und Gotenhafen
War es nach dem Stoß der Russen durch Pommern bis zur See zunächst geplant
gewesen, eine neue Abwehrfront im Schutze des Zamowitzer Sees aufzubauen, um
eine Abspaltung der Halbinsel Hela mit seiner Marinebasis zu verhindern und
sie dann westlich Neustadt im Bogen über Karthaus nach Dirschau zu führen.
so zeigten die sich überschlagenden Ereignisse sehr bald. dass dies nicht
mehr möglich war. Spätestens am 9. März wurde klar dass eine Einbeziehung
von Karthaus nicht mehr verwirk-licht werden konnte und am 13. brach der
Russe auch zwischen Neustadt und dem Zamowitzer See durch und erreichte bei
Putzig erstmals die Danziger Bucht Hela war damit abgeschnitten, Neustadt
nicht mehr zu halten.
Das Oberkommando der 2. Armee entschloss sich daher zu einer verkürzten
Verteidigungslinie, die Karthaus. Neustadt und Putzig preisgab und erst
südlich Putzig hinter der fünf Kilometer breiten Niederung der Rheda, dem
Brückschen Bruch, ihren Anfang nahm. Sie begann
am Putziger Wiek bei Rewa und verlief als starke, vor Panzerangriffen
sichere Höhenstellung am Nordrand der Oxhöfter Kämpe entlang bis zum 65 m
hohen Eichberg, überquerte das dort ebenfalls fünf Kilometer breite
Gdingener Urstromtal mit Einschluss der ausgedehnten Ortschaft Rahmel und
umfasste auf der anderen Seite die bis zu 135 m ansteigende Wilhelms-hohe.
die als Eckpfeiler sowohl das Urstromtal als auch den Ausgang des bei Rahmel
mündenden Schmelztales beherrschte. Dann lief sie im Gnewauer Forst das
Schmelztal aufwärts — wohl auf der Sudseite — bis westlich Kolletzkau (Kollendorf)
und Bojahn, die beide noch innerhalb des Frontbogens lagen. Sicherlich hatte
die neue Frontlinie ursprünglich über Kölln und hinter dem Tuchomer See
entlang über Banin und Pempau verlaufen sollen, doch das war durch den
schnellen Panzervorstoß der Sowjets nach Quaschin durchkreuzt worden.
Hinter sich hatte sie den mächtig ansteigenden waidfreien Rücken des
Dohnasberges (höchste Erhebung 206 m) ais festen Rückhalt und flankierenden
Stützpunkt zur Sperrung der großen Straße von Quaschin über Groß und Klein
Katz nach Gotenhafen. Kölln und Quaschin lagen nun also vor der Front. Die
deutschen Linien mussten daher hart nördlich und östlich um Quaschin
herumgeführt werden; sie bogen dann nach Süden und liefen über Espenkrug,
Banin und Pempau nach Ellernitz bei Zuckau, von dort zwischen Rheinfeld und
Nestempohl zum Lappiner See und weiter über Schaplitz — Meisterswalde —
Schwarzenfelde — Gr. Trampken nach Dirschau. (Siehe Karte2)
Die Nogatfront wurde aufgegeben. In der Nacht rum 9. März wurden die Brücken
über die Nogat gesprengt und der Rückzug aus der Marienburg und dem
Marienbeuger Werder angetreten. Neuteich wurde am 10., Tiegenhof am 11. März
geräumt; die deutschen Stellungen zogen sich dort nun hinter der Linau etwa
von Tiegenort über Neuteicherwalde nach Palschau zur Weichsel Die Dirschauer
Weichselbrücke wurde am Morgen des 8. 3. gesprengt, die Stadt am 12.
kampflos geräumt Die Front verlief nun südlich Hohenstein, vor sich die
Niederung der oberen Mottlau, hinter sich die Klempiner Berge (123 m).
östlich Hohenstein lehnte sie sich an die Weichsel bei Güttland.
Die Klempiner Berge haben aber dann doch keine große Rolle gespielt Die
Russen griffen erst sehr spät, am 21. März, bei Hohenstein an. Der Grund
hierfür ist wohl darin zu sehen, dass unsere Stellungen bei Hohenstein nur
an der westlichen Flanke weibräumig umgangen werden konnten denn auf der
östlichen Flanke lag das für Panzerangriffe ungeeignete Werder.
Der russische Durchbruch in Richtung Praust geschah daher nicht über
Hohenstein. er erfolgte Mitte Matz über Gr. Kleschkau. Hier nämlich bot sich
beidseitig Raum an für überflügelnde Panzerangriffe, hier wurde ein
Durchbruch daher schon um den 10. März herum versucht. in Schöndarling bei
Hohenstein dagegen lagen noch bis rum 17. März Fallschinnjäger in Ruhe; sie
wurden am 17. 3. zur Armeereserve erklärt und nach Emaus verladen. von dort
am 18. bei Oliva eingesetzt
Der Armeeführung war klar, dass auch die verkürzte Abwehrlinie über kurz
oder lang dem übermächtigen Druck nicht würde standhalten können. Was ihr an
Truppen noch zur Verfügung stand. waren keine festgefügten Divisionen mehr,
es waren nur mehr Kampfgruppen aus oft auf Regimentsstärke
zusammengeschmolzenen Divisionsverbänden, die seit Wochen im härtesten Kampf
standen. und denen es vor allem an schweren Waffen. Treibstoff und
ausreichender Munition fehlte. Die um Danzig und Gotenhafen seit langem
ausgebauten Feldstellungen und Panzergräben konnten daher allenfalls
verzögernd wirken. Hinter der Front waren nur schwache bewegliche Verbände
vorhanden. die als Eingreifreserven russische Einbrüche hätten ablangen und
eingedrungenen Feind zurückwerfen können. Auch war der Raum jetzt schon so
eng geworden. dass Einbrüchen schon bald nicht mehr durch Zurücknahme der
Front begegnet werden konnte.
Einen nachteiligen Einfluss ausüben musste beim Endkampf im Festungsgebiet
Danzig-Gotenhafen auch das Fehlen einer einheitlichen Befehlsgewalt über die
dort liegenden Verbände des Heeres. der Luftwaffe, der Kriegsmarine, der
Polizei und der S.S.
. Der Armeeführer—seit dem 12. März der aus Ostpreußen gebürtige General von
Saucken als Nachfolger des Generalobersten Weiß — sah es daher als einzige
ihm noch verbliebene Aufgabe «n, so vielen Flüchtlingen und Danzigern wie
irgend möglich den Weg zur Flucht über die See offen zu halten. Und die
kämpfende Truppe folgte ihm darin Auch sie hatte die militärische
Aussichtslosigkeit einer weiteren Verteidigung von Danzig und Gotenhafen
erkannt, hatte die von einer verlogenen Propaganda genährte Hoffnung auf
eine überraschende Wende verloren — aber sie krallte sich an jeden Fußbreit
Boden. Dass dieser Krieg verloren war, schreibt Hans Schäufler, damals
Oberleutnant und Nachrichtenoffizier in der 4. PzD, in seinem
aus-gezeichneten Buch „Panzer an der Weichsel", das wussten inzwischen auch
die Dümmsten. „Es gab absolut nichts mehr zu erben. keine militärischen
Ehren. keine Orden. keine Beförderung. keinen Sonderurlaub. nur noch einen
kalten Arsch. wie das die Landser jener Tage so treffend formulierten. Es
war nur noch ein erbarmungsloser Kampf ums nackte Überleben, um das eigene
und das der Hunderttausende, die noch auf uns vertrauten, die vor den
sowjetischen Panzern in Danzig oder Gotenhafen sein wollten. wo Schiffe auf
sie warteten, die sie nach Westen in die Freiheit bringen wollten." Und nur
wenige aus der kämpfenden Truppe ließen ihre Kameraden im Stich, setzten
sich auf eigene Faust ab oder warfen die Waffen weg.
Die am meisten gefährdete Stelle der neuen Abwehrfront war ihre um Quaschin
zurückschwingende tiefe Einbuchtung; von da bis zur See bei Adlerhorst waren
es nur noch acht Kilometer. Klar, Dass der Russe hier versuchen würde, unter
dem Einsatz aller Mittel zur See durchzustoßen. die deutsche Front zu
spalten und damit Gotenhafen von Danzig zu trennen. Auch ein Stoss über
Espenkrug und Wittstock durch die Wälder in Richtung Zoppot und Oliva mit
demselben Ziel lag nahe.
Den Verteidigern kam zugute, dass das Gelände der Verteidigung einige
Vorteile bot. Die Straße von Quaschin über Groß Katz in Richtung Gotenhafen
läuft zwar durch ein waldfreies Gebiet, wird aber beiderseits von teilweise
wald-bedeckten Höhen flankiert, und diese waren durch im November 44
begonnene Verteidigungsanlagen stark befestigt worden. Der äußere
Verteidigungsring um Gotenhafen begann auf den waldfreien Höhen westlich
Koliebken — Taubenberg. Katzenbuckel und andere — und verlief über Groß Katz
entlang dem hochgelegenen Waldrand des Krückwaldes nördlich des Dorfes, wo
schon die Polen im September 39 ihre Stellungen hatten, schützte und sperrte
also diese Straße. Der Dohnasberg allerdings war laut Bericht von Udo
Ritgens. damals Major im Stabe der 227. ID, unbegreiflicherweise in diesen
Stellungsgürtel nicht einbezogen worden!
Eine weitere Verstärkung der Verteidigung bildeten die 8.8 cm Flakgeschütze
der um Gotenhafen sehr starken Marineflak, die in der Panzerabwehr
unübertroffen waren sowie die schwere Schiffsartillerie des Kreuzers Prinz
Eugen und anderer Kriegsschiffe. die mit Erfolg russische
Panzerbereitstellungen bekämpften. Auch konnten in den Wäldern von
Gotenhafen über Zoppot bis Oliva wirkungsvolle Panzersperren angelegt
werden. .
Der massive russische Druck auf die neue Abwehrfront begann jedoch nicht bei
Quaschin. sondern im südlichen Abschnitt. Dort waren in der Nacht zum 7.
März beiderseits Pr. Stargards starke Panzerverbände nach Norden
durchgebrochen; sie standen am 8. März morgens etwa m Linie Meisterswalde —
Gr. Trampken. Es kam zu schweren Kämpfen; Saskoschin. Wo SS mit der
Panzerfaust kämpfte. wechselte siebenmal den Besitzer, Domachau lag
frühmorgens unter russischem Artilleriefeuer, Meisterswalde ging am
Nachmittag des 8. März trotz Abschuss von 16 Panzern verloren. Die Sowjets
konnten aber vor Gr. Kleschkau zum Stehen gebracht werden.
Am 10. März griff der Russe dort immer wieder an. Der Widerstand war
verzweifelt Den neuen Panzern, die in Praust ausgeladen wurden, fehlte der
Sprit, so dass sie auf der Rampe und um Praust stehen blieben. Die
Artillerie litt schon seit langem unter Munitionsmangel Am 11. März brach
der Russe auf Lagschau-Kladau durch. die deutschen Batterien machten
Stellungswechsel nach Schönwarling. Aber der erstrebte Durchbruch der
Sowjets in Richtung Danzig gelang nicht, der Zusammenhang der Front vor Gr.
Kleschkau konnte gewahrt werden. Die Abwehr klammerte sich hauptsächlich an
den Lauf der Kladau. Die folgenden Tage bis etwa zum 17. verhielt sich der
Russe dann dort ruhig. Statt dessen versuchte er es nun im Nordabschnitt,
bei Quaschin.
Hier waren im Lauf des 11. März die Regimenter der 227. ID von Karthaus her
im Raum Lensitz — Kolletzkau — Kölln angelangt und hatten sich mit dem
Schwerpunkt in der Gegend von Bojahn, den Höhenzug der Dohnasberge im
Rücken, zur letzten großen und planmäßigen Verteidigung formiert. Da der
Feind nicht sofort auf breiter Front nachstieß, kam es noch einmal zu einer
kleinen Verschnaufpause. Sie wurde eifrig genutzt, um Stellungen zu graben
und eine feste. zusammenhängende Front aufzubauen. Die Truppe hatte
buchstäblich nichts na. Stellungen vorgefunden, die sie mit Recht erwarten
konnte! Die Enttäuschung über die in' diesem so wichtigen Abschnitt
versäumten Verteidigungsmaßnahmen war groß.
Am 13. März greift die 1. Gardepanzerarmee mit starken Panzerkräften, die
durch Artillerie und Luftwaffe unterstützt werden. die Front der
Division westlich der Dohnasberge unaufhörlich an. aber alle Angriffe werden
abgeschlagen. Auch in den nächsten Tagen wird der Abwehrkampf gegen den
beiderseits Quaschin erstrebten Durchbruch zunächst mit Erfolg geführt Die
4. PzD. die beiderseits Gluckau steht, kann mit gepanzerten Kampfgruppen
nach rechts und links eingreifen und russische Durchbruchsversuche abwehren.
Am 14. März riegeln sie eine Frontlücke bei Pempau ab. am 15. unterstützen
sie einen nächtlichen Gegenangriff eines Füsilierbataillons der 389. ID zur
Rückgewinnung des Dorfes Neue Welt am Wittstocker See südlich Espenkrugs.
das am 13. in russische Hand gefallen war. Es gelingt ihnen auch, die
Seenenge zwischen dem Espenkruger und dem Wittstocker See zu sperren. Drei
Tage lang. vom 15. bis zum 18., kämpfen ein paar Panther mit Erfolg an
dieser bedrohlichen Stelle der Front, die bei Espenkrug nur 6 km von Zoppot
und Oliva entfernt ist. Die Masse der 4. PzD verteidigt die Abwehrstellung
beiderseits Ramkau bis hin nach Zuckau. Zwar geht Ramkau am 16. verloren.
doch die HKL kann im wesentlichen gehalten werden.
Am 17. März aber verschlechtert sich die Lage zusehends. Immer hartnäckiger
und pausenloser greift der Feind auf der ganzen Front von Rahmel bis
Hohenstein an. immer mehr muss mit der Munition gespart werden. immer mehr
schwere Waffen Wie Panzer, Sturmgeschütze und Artillerie fallen wegen
Überbeanspruchung aus und können nur in beschränktem Umfang
wiederhergestellt werden. Die russische Luftwaffe verstärkt sich, immer
seltener greifen deutsche Jäger ein. Am 17. greift der Russe am ganzen
äußeren Verteidigungsring von Gotenhafen an und drängt die HKL zurück. Aber
die Wilhelmshöhe bei Rahmel und der Dohnasberg werden noch gehalten. Ein
schmaler Panzerkeil, der das Marschautal hinunter bis dicht vor Kielau
herangekommen war, wird eingeschlossen.
Der weit nach Westen vorspringende Bogen der Abwehrstellung, wo seit dem 7.
März das Gutshaus in Leesen bei Zuckau zum Infanterie und
Artilleriegefechtsstand und Verbandsplatz eingerichtet ist, muss am 18. nach
tagelangen sehr blutigen Kämpfen zurückverlegt werden, weil die
Nachbarabschnitte zurückgeben und die beherrschende Höhe 164.9 nördlich
Leesen auch mit Panzerhilfe nicht wiedergenommen werden kann. An diesem
unerhört harten Abwehrkampf der 252. ID vor Leesen nahmen auch Einheiten der
4. PzD teil.
Südlich Leesen hatten sich die Russen am 17. bis vor Kahlbude herangeschoben.
Auch die Südwestfront war seit dem 17. wieder starkem Druck ausgesetzt Der
„Raum von Kleschkau" wird im Wehennachtsbericht vom 18. März erstmals
ausdrücklich erwähnt — was nichts anderes bedeutet. als dass der Ort
Kleschkau bereits verloren war und dass das am 17. geschehen sein wird. denn
der Wehrmachtsbericht meldete ja — wenn überhaupt — die Ereignisse des
Vortages. Russische Panzer versuchten auf der Straße Gr. Kleschkau — Gr.
Saalau — Straschin/Prangschin — Ohra durchzubrechen. Drei Panther der 4. PzD,
die Russen dort einige Zeit aufhalten sollten, schossen am 18. beim Gut Gr.
Saalau. wo eine Abteilung Volkssturm eingeschlossen war, zwei Dutzend
russische Panzer ab.
In der Nacht zum 19. März traf die von Flüchtlingen überquellende Stadt
Danzig ein schwerer Bombenangriff. Die Superfestungen kamen aus dem Westen
und flogen nach Osten aus. In der Nacht zum 20. kamen sie wieder und zwar
aus dem Oster warfen fast ungehindert ihre Bombenlast über der Stadt ab und
flogen nach Westen ab.
Am 19. März stand die rote Armee bereits „ sudwestlich Praust". wie der
Wehrmachtsbericht vom 20. sagt. und er nennt diesen Raum neben demjenigen
westlich Gotenhafens und Zoppots einen Brennpunkt der Kämpfe.
Am 20. griffen die Sowjets nach mehrstündigem Trommelfeuer zwischen Bissau
und Leesen mit drei Schützendivisionen und 30 Panzern die Front der 4. PzD
an und setzten diese Angriffe auch am 2l. fort. Von dort führt die direkte
Straße über Nenkau und Emaus nach Danzig! Aber immer noch konnte der
Durchbruch nach Danzig gerade noch verhindert werden.
Der Raum um Gr. Katz liegt mittlerweile seit Tagen unter schwerstem
Artilleriefeuer. Den , beherrschenden Höhenrücken der Dohnasberge verteidigt
das Gren. Regt. 366 der 227. ID unter Oberstleutnant Schewe. Immer wieder
gelingt es diesem tapferen Manne. die Sowjets aus den Einbruchsstellen
hinauszuwerfen und die HKL zu schließen. Der Feinddruck hatte sich hier seit
dem 18. noch verstärkt. Manche Kompanien der Kampftruppe waren bis auf zehn
bis 20 Mann zusammengeschmolzen. Die Ausfälle, notdürftig mit neu
zusammengestellten, wenig kampfkräftigen und kampfwilligen Alarmeinheiten
ausgeglichen. nehmen ein beängstigendes Ausmaß an. Gleichseitig lässt der
Munitionsnachschub nach, einzelne Batterien dürfen und können nicht mehr als
10 bis 15 Schuss pro Tag verschießen! Dartut kann kein Gegner, der nun schon
wochenlang von Erfolg zu Erfolg geeilt ist, in Schach gehalten werden. Der
immer wieder spürbare Munitionsmangel war übrigens keineswegs immer ein
echter Mangel. Es wurde ausreichend Munition m den Häfen ausgeladen, aber
sie konnte wegen der Verstopfung der Straßen. wegen der russischen
Artillerie- und Luftüberlegenheit oder aus anderen Gründen nicht immer und
überall rechtzeitig dorthin gebracht werden, wo sie so dringend gebraucht
wurde.
So schiebt sich die Front langsam aber sicher an Gotenhafen. Zoppot und
Oliva heran. Am 19. ist in Zoppot vom Walde her deutlich MG-Feuer zu hören.
der Russe muss in die Wälder oder zumindest in den Waldrand bei Schaterei
und Wittstock eingedrungen sein. Gegen Abend wird der Räumungsbefehl für
Zivilisten in Zoppot gegeben Tausende strömen nach Gotenhafen, ein
Pendelverkehr vom Seesteg nach Neufahrwasser wird eingerichtet. Am 20.
liegen Zoppot und Oliva unter russischem Artilleriefeuer, für Oliva wird der
behördliche Räumungsbefehl gegeben. Am 21. liegt die Straße Zoppot—Gotenhafen
schon unter russischem MG-Feuer, die Russen müssen also auf Sichtweite heran
sein.
Sie waren es tatsächlich. Am 20. war der Dohnasberg nach stundenlangem
Trommelfeuer, dem ein massierter Angriff unzähliger T 34 folgte. in
russische Hand gefallen, zwar in der Nacht von einer Kampfgruppe unter
Führung des Divisionsadjutanten, Major Windschügel. noch einmal
zurückerobert worden. doch nachdem Major Windschügel gefallen war, am 21.
endgültig verlorengegangen. Auf der höchsten Kuppe wehte die rote Fahne. Der
Tag des Durchbruchs zur See konnte nicht mehr lern sein. bald würde der
Kampf an dieser entscheidenden Stelle der Abwehrfront beendet sein.
Durchbruch der Russen zur See und Untergang Danzigs
Nach einem Höllenzauber aller Waffen, der jede Bewegung und Heranführung von
Reserven und Eingreiftruppen unmöglich machte. brach der Russe in der Nacht
zum 22. März über Gr. Katz zur See bei Koliebken und Adlershorst durch. Er
verbreiterte den Einbruchskeil und warf sich dann auf die beiden
abgespalteten Brückenköpfe Gotenhafen und Danzig/ Weichselmündung.
Gotenhafen war der kleinere und nächstgelegene. er wurde als erster immer
mehr zusammengedruckt Noch am 22. März ging das vor dem inneren
Verteidigungsring Gotenhafens gelegene Völtzendorf verloren: die
abgeschnittene Besatzung der dortigen Marineflakbatterie verteidigte sich
bis zur letzten Granate und kämpfte sich dann auf die
eigenen Linien zurück. Die bestanden jetzt aus dem ausgebauten inneren
Verteidigungsring. der sich von Hochredlau über Wittomin und Kielau zur
Oxhöfter Kämpe hinzog. Man hatte sich viel von ihm versprochen- wird er
halten? Er hielt nicht. Am 23. drangen die Sowjets in Kielau ein. am selben
Tage eroberten sie die Höhen von Hochredlau. In schweren Kämpfen um den
beherrschenden Sleinberg am Südrand der Stadt, und nach dessen Verlust am
Abend des 26., durch die Behauptung der Nordhänge des Kielauer Forstes,
konnten jedoch die Innenstadt und der Hafen noch für einige Tage gehalten
und daher die nächtlichen Verladungen von Verwundeten und Flüchtlingen noch
bis zum 28. fortgesetzt werden. Großen Anteil daran hatte die Marineflak im
Erdkampf, die gegen die russischen Panzer verheerend gewirkt hat.
Nach dem Verlust des Steinbergs befanden sich die Gefechtsstände der
Gotenhafen verteidigenden Divisionen in einem Hochbunker am Hafenbecken IV.
In der Nacht zum 27. gelang es, alle Trosse und rückwärtigen Einheiten sowie
die gesamte Divisionsartillerie der 227. ID nach Oxhöft zu überführen. Die
Frage war nun. ob auch die völlig abgekämpften Infanterieeinheiten der
Division sich unbemerkt vom Feinde lösen und die Kämpe erreichen würden.
Dies gelang nach erbitterten Straßenkämpfen. die in den Randgebieten der
brennenden Stadt während des 26. und 27. März tobten. am Abend des 28. März.
Der Hochbunker wurde um Mitternacht geräumt, am Morgen des 29. März waren
die Trimmer von Stadt und Hafen in russischer Hand.
Nach dem Fall Gotenhafens drängten sich die Reste von sechs Divisionen und
Tausende von Flüchtlingen auf der Oxhöfter Kämpe zusammen. Sie alle wurden
im Laufe der nächsten Tage nach Hela übergesetzt, zuerst die Flüchtlinge,
dann am Morgen des 5. April die letzten Soldaten.
Zoppot wartet seit dem 22. März jede Stunde auf den Einmarsch der Russen.
Die Stadt lag seit Mitte März unter ständig zunehmendem Artilleriebeschuss
und dauernden Tieffliegerangriffen und war überfüllt mit Flüchtlingen. Zur
Verteidigung waren nur Stäbe und rückwärtige Verbände, aber kaum
Kampftruppen vorhanden, und diesen mangelte es an Waffen und Munition. Trotz
der vollkommen aussichtslosen Situation wurde aber bis zum Schluss geschanzt
und gebuddelt, obgleich wie fast überall nachher niemand da war, der die
Stellungen besetzen oder halten konnte. Ein sinnloser Befehl jagte . den
andern, schreibt Konrad Hoene. Besitzer des Rittergutes Leesen und damals
Ortskommandant von Zoppot, in einem Bericht. der in dem Buch von Wilhelm
Brauer: Der Kreis Karthaus. zu finden ist Studenten, Feuerwehr und
Volkssturm in lächerlich geringer Anzahl sollten die Verteidigung
übernehmen, aber als sich die Russen näherten, lösten sich alle diese
Verbände, mit denen die im Casinohotel untergebrachte Ortskommandantur bis
zum letzten Mann verteidigt werden sollte, auf.
Den zurückgehenden deutschen Truppen folgten die Russen auf dem Fuße und
besetzten Zoppot am Abend des 23. März ohne große Kampfe. Kurz vorher
erhielten die noch in der Kommandantur Ausharrenden den Befehl, sich
zurückzuziehen. und unter Zurücklassung des Gepäcks ging es zu Fuß auf der
Strandpromenade nach Glettkau. Russische Panzer. die im Schutze der
Steilküste am Strand entlang vor-gedrungen waren. rasselten die Seestraße
herauf, andere stießen weiter nach Glettkau vor. das am Morgen des 24. von
Zoppot her beschossen wurde. Zoppot hatte durch Beschuss verhältnismäßig
wenig gelitten; einem Augenzeugenbericht zufolge hat russische Soldateska
die Häuser in der untersten Seestraße systematisch in Brand gesteckt. Dort
und in der Nordstraße gegenüber dem Kurhaus ist daher heute ein freier
Platz.
Nach der Besetzung von Zoppot und dem fast gleichzeitigen Durchbruch der
Russen im Westen Danzigs in Richtung auf die Höhen um Pietzkendorf richtete
Marschall Rokossowsky am 24. März eine Aufforderung an die Generäle
Offiziere und Soldaten der deutschen 2. Armee die Waffen niederzulegen. Er
garantiere allen die sich gefangen gäben, Leben und Eigentum Nur ganz wenige
schenkten diesen Versicherungen Glauben. Der Kampf um Danzig war militärisch
gesehen, sinnlos geworden, das stimmte. Bei einem menschlich handelnden
Gegner wäre Abbruch darum durchaus sinnvoll gewesen – aber nicht bei einem
Gegner der mordete, schändete und raubte. Auch General von Saucken hielt
eine weitere nachhaltige Verteidigung von Danzig für sinnlos. Er befahl die
Räumung der Stadt und ein gestaffeltes Absetzen über die lote Weichsel, aber
er kapitulierte nicht. Er sah im Halten eines Brückenkopfes beiderseits der
Weichsel bis hin nach Pillau – das noch bis zum 26 April in deutscher Hand
war – die Möglichkeit, der Masse einer Soldaten die russische Gefangenschaft
zu ersparen und allen dort Rettung suchenden Flüchtlingen die Chance des
Abtransports über See zu geben Wohl gab er damit die Stadt der hoher als
noch so ehrwürdige Bausubstanz. Es gelang tatsachlich in den ersten Tagen
des Mai die letzten Flüchtlinge abzutransportieren. Die Absicht nun auch
noch alle Angehörigen der Wehrmacht nach dem Westen zu bringen. Konnte wegen
der deutschen Kapitulation vom 9. Mai nicht mehr durchgeführt werden.
Insgesamt; sind in der Zeit vom 23. Januar bis 8. Mai mindestens zwei
Millionen Menschen aus Ost- und Westpreußen, darunter eine halbe Million
Verwundete. über See nach dem Westen gebracht worden. 355 624 Flüchtlinge.
Verwundete und Soldaten wurden allein im April von Hela aus verschifft. in
der ersten Maiwoche noch einmal über 50 000 (Angaben bei Kieser). Vierzig-
bis sechzigtausend Soldaten gerieten in Gefangenschaft. darunter General von
Saucken und elf andere Generäle. die bei ihren Truppen geblieben waren.
Als Rokossowsky keinen Erfolg mit seiner Aufforderung hatte, ließ er die
Innenstadt vor. Danzig am Palmsonntag, den 25. März, mit allen Kalibern
beschießen. Das war der Anfangder totalen Vernichtung der Stadt Die
TragödieDanzigs nahm ihren Fortgang. Nach übereinstmmenden
Augenzeugenberichten war die Stadt noch am 17. März bis auf einige
Bombentreffer kaum zerstört, die Straßenbahn fuhrnoch. In den folgenden
Tagen erlitt sie weitere Schäden durch ständige Luftangriffe, doch die Stadt
als Ganzes war noch intakt Dann kam der Palmsonntag. Aus dem Tagebuch eines
Volkssturmmannes. das in .Unser Danzig' veröffentlicht wurde. entnehme ich:
Der Marsch von Langfuhr im frühen Morgengrauen des 25. März führt uns am
Hauptbahnhof vorbei über Holzmarkt. Kohlenmarkt. Langgasse. Langer
Markt,Grüne Brücke und Hopfengasse zur Brandgasse in die ehemalige
Tabakfabrik. Es ist noch das vertraute Bild. Frauen, Kinder. alte Männer
verlassen bei klarem Sonnenschein mit Handwagen und Karren die Stadt in
Richtung Langgarten und Heubude. Gegen 16 Uhr Beginn eines furchtbaren
Bombardements. Bei seinem Ende brennen die Speicher , die Marienkirche, die
ganze Innenstadt ist ein Flammenmeer. Am 26. früh Rückmarsch durch die
völlig veränderte Stadt: Langer Markt brennt auf beiden Seiten ,Feuerwehr
bei Löschversuchen, kein Durchkommen. Daher über Lange Brücke weiter zum
Krantor. doch ein großer Trümmerhaufen versperrt den Durchgang zur
Breitgasse. die ebenfalls brennt. Also noch weiter über Fischmarkt. Am
brausenden Wasser entlang zur Wallgasse.Dort brennt es nicht, die Straße ist
ziemlich frei bis auf einzelne Granattrichter. Hansaplatz undSchichaugasse
sind wenig beschossen worden.Wir marschieren in Richtung Schellmühl und
erreichen morgens Lauental. Gegen Mittag wird das bisher unzerstörte
Lauental beschossen. In Danzig scheint die Hölle los zu sein. Hohe Flammen
und riesige Qualmwolken sind deutlich zu erkennen. Nachmittags Befehl: Rette
sich wer kann über die Weichselfähre bei Neufahrwassernach Weichselmünde.
Soweit der Auszug aus dem Tagebuch.
Wenn man aufgrund zahlreicher Augenzeugenberichte, Fotos und Berichten von
späteren Besuchern die völlig zerstörten Gebiete auf einem Stadtplan
markiert. kann man zu der Vermutung kommen. dass es den Russen in erster
Linie darauf ankam, die Straßen zu den Mottlaubrücken unpassierbar zu
machen, um den Rückzug der deutschen Truppen über die Mottlau und die
einzige vorhandene Weichselbrücke, die Breitenbachbrücke, zu erschweren.
Denn es zeigt sich, dass diejenigen Stadtteile, durch die Zufahrtsstraßen zu
diesen Brücken führten, völlig zerstört worden sind — und das waren
insbesondere der Kern der Stadt, die Rechtstadt und die Speicherinsel —
wogegen das Gebiet der Altstadt, zwischen Altstädtischem Graben und
Wallgasse, wesentlich weniger betroffen war. Auch die Niederstadt ist besser
davongekommen; dort scheint nur die Durchgangsstraße zur Breitenbachbrücke.
Langgarten. stärker zerstört worden zu sein, und das zum Teil auch erst nach
der Besetzung durch willkürliche Brandstiftung, der ganze Wohnviertel der
Niederstadt noch nachträglich zum Opfer gefallen sind.
Nach der Besetzung Glettkaus am Morgen des 25. März rollten die Panzer
weiter nach Brösen. Dort aber versperrte ihnen das am 23. nach Brösen
verlegte Gr. Regt. 62 (Feldherrnhalle) der 7. ID. das sich um Brösen und
Saspe eingegraben hatte. den weiteren; Weg nach Neufahrwasser. Durch den
Widerstand dieses Regiments — Truppenteile mit Namen statt Nummern waren
Eliteeinheiten. meist auch besser ausgerüstet — konnte am 25. morgens noch
einmal ein Schiff mit Verwundeten und Flüchtlingen, die „Ubena", den Hafen
verlassen
— das letzte. Ein solcher aufopfernder Widerstand. das soll nicht
verschwiegen werden, wurde in der letzten Woche vor dem Ende unter dem
Eindruck der immer aussichtloser werdenden Lage nicht mehr überall
geleistet. Es war wohl so, dass eine zunehmende Demoralisierung um sich
griff. so dass drakonische Maßnahmen gegen Fahnenflüchtige verhängt wurden.
Mancher, der sich in den Sog ziehen ließ, und sich unerlaubt von seiner
Einheit absetzte, hatte sein Leben verwirkt, wenn er gestellt wurde.
Oliva glich seit etwa dem 10. März einem Heerlager, verständlicherweise,
denn die Front war bei Wittstock ja nur sechs Kilometer entfernt Nur der
Olivaer Wald befand sich zwischen dem Ort und den ständig angreifenden
Russen. Von Oliva aus führten alle Wege zur Front: die Renneberger Chaussee
nach Wittstock, der Schäfereiweg über Pulvermühle nach Schäferei, der Weg
durch das Freudental nach Gluckaü. Alle diese und andere, für Panzer
passierbare Waldwege waren natürlich an geeigneten Stellen durch
Panzergräben, Minen- und Panzersperren gesichert. Verteidigt wurde diese
Front von der 73. ID. einigen Panzern der 4. PzD, einer
Fallschirmjägereinheit der Division Hermann Göring (Anmerkung
Jan-Hendrik: wohl Reste der FschPzErsBrg. HG )von lettischer SS —
ihre Feldküche stand im Garten meines Elternhauses in der Paulastraße — und
vom Volkssturm.
Die Fallschirmjäger waren als Eingreifreserve am 18. März von Emaus nach
Oliva geworfen worden und hatten bei Frischwasser, einen Kilometer westlich
- Pulvermühle, beiderseits des Weges nach Schäferei Stellung bezogen. Daraus
kann man schließen. dass die Russen die deutsche Abwehrfront, die bis dahin
noch vor dem Waldrand gelegen hatte. seit dem 18. in den Wald hinein
zurückgedrängt hatte. Das Ende des offenen Frischwassertals liegt einen
Kilometer vom Waldrand bei Schäferei entfernt; so weit werden die Sowjets
also in den Wald eingedrungen sein.
Seitdem tobte die Schlacht in den Olivaer Wäldern. Die Front quer durch den
Wald wird bis zum 23. März etwa in der Linie Goldkrug - westlich Freudental
— Frischwasser — Grenzlau — Großer Stern verlaufen sein. Die Fallschirmjäger
hielten ihre Stellungen bei Frischwasser etwa eine Woche lang "bis zum 23.
gegen fortwährende Panzerangriffe. Ein Tigerpanzer, der wegen
Treibstoffmangel bewegungsunfähig zwischen ihren Stellungen lag. schoss in
diesen Tagen allein 12 russische Panzer ab, die über Pulvermühle nach Oliva
durchbrechen wollten. Die 73. ID vernichtete in ihrem Abschnitt, der
wahrscheinlich um die Renneberger Chaussee und den Großen Stern zu suchen
sein wird, 24 Panzer mit der Panzerfaust und wurde dafür im
Wehrmachtsbericht vom 25. namentlich erwähnt.
Nach dem Verlust von Zoppot muss die Front im Olivaer Wald zurückgenommen
werden. Der Turm auf dem Karlsberg wird am Nachmittag des 23. von deutschen
Pionieren gesprengt, damit er den Russen nicht schon bald als
Artilleriebeobachtungsstand dienen könne. Die Sowjets waren an diesem Tage
schon durch den Wald bis Ludolfine gekommen. wo gekämpft wurde. Einen Tag
lang wogen nun am 24. die Kämpfe bei Strauchmühle und Renneberg hin und her.
Die dort Gefallenen müssen später von Frauen aus Oliva bestattet werden. Die
Fallschirmjäger ziehen sich dann kämpfend nach Oliva zurück, ihr
Gefechtsstand befand sich kurze Zeit in der Lessingstraße. Oliva liegt unter
Artillerie- und Bordwaffenbeschuss.
Die Lage um Danzig hatte sich mittlerweile so zugespitzt, dass eine
nachhaltigere Verteidigung von Oliva und bald auch von Langfuhr nicht mehr
möglich war, denn die Verteidiger wurden jetzt von der Flanke und vom Rücken
her überhöht und bedroht. Am 23. März um 11.20 Uhr waren die sowjetischen
Divisionen nämlich nach einem furchtbaren Feuerschlag zum Großangriff auf
Danzig von Westen her angetreten, sein Schwerpunkt zeichnete sich ab bei
Kokoschken. etwa 10 Kilometer westlich Danzigs. Nur die ausgebluteten Reste
der beiden Panzergrenadierregimenter, die zwei Selbstfahrlafettenbatterien
des Panzerartillerieregiments 103 und die aus den Besatzungen ausgefallener
Panzer der 4. PzD gebildete Panzervernichtungskompanie, konnten den
durchgebrochenen russischen Panzern entgegengeworfen werden. Sie bezogen am
Abend des 23. nach Auffangen des Angriffs eine neue Verteidigungslinie auf
den Höhen von Mattern über Kelpin bis Nenkau. Auf den Anhöhen über Nenkau.
beiderseits der Straße nach Emaus. waren Schützengräben vorbereitet. Nenkau
lag am Abend des 23. unter Artillerie- und Granatwerferbeschuss.
Die Höhenstellung um Nenkau musste jedoch schon am Mittag des nächsten Tages
wieder aufgegeben werden. weil rechts und links be-reits die Russen waren.
Und am 25. standen sie auf den Höhen von Pietzkendorf und Wonneberg und
beschossen von dort die wie auf dem Präsentierteller unter ihnen liegende
Stadt mit Stalinorgeln. Am 25. waren sie auch in Brentau. Am 26. verlief die
Front zwischen Pietzkendorf und Langfuhr.
Im Süden war am 24. Praust verlorengegangen. doch war dieser Ort für die
Abwehr der ja von Westen und Norden auf Danzig zielenden Angriffe von
geringerer Bedeutung, zumal das Werder zwischen dem Höhenrand und der
Mottlau inzwischen unter Wasser gesetzt worden war.
Am 23. sind die ersten Räumungsbewegungen in Oliva zu bemerken: Truppenteile
verlassen den Ort. um über die Weichsel zurückgenommen zu werden. Nach
Augenzeugenberichten sind an diesem Tage auch ganze Einheiten mit ihren
Fahrzeugen und Gerät in Neufahrwasser in den 8000 Tonnen großen Dampfer ,
Bernhard Essberger verladen worden. Danzig ist zum Schluss also nur noch von
geringen Nachhuten hinhaltend verteidigt worden, um dem Gros den Abzug über
die Weichsel zu ermöglichen. .
Am Vormittag des 24. März wird das ehemalige Arbeitsdienstlager in
Konradshammer, wo seit Anfang Februar bei Schanzarbeiten eingesetzte
Volksstundmänner untergebracht waren. durch Artillerie beschossen.
Nachmittags wird das Lager geräumt. der Abmarsch geht, vorbei an den
brennenden Schuppen des Flugplatzes. nach den Kasernen in Langfuhr. Gegen
Abend liegt das Kasernengelände unter schwerstem Feuer. In der Nacht vom
24.'rum 25. März fällt Oliva in die Hände der Russen. Kämpfe im Ort fanden
anscheinend nur entlang der nach Danzig führenden Chaussee statt Dort wird
von heftigen Schießereien berichtet. die am Nachmittag des 24. begannen und
bis in die Nacht andauerten. In den frühen Morgenstunden des Palmsonntags.
dem 25. März, sind die ersten Russen in den Kellern. in denen die
Zurückgebliebenen seit acht Tagen hausen. Wenig später schlägt das Grauen
über ihnen zusammen.
Am Morgen des 25. tritt der Russe dreimal aus der Olivaer Heimstätte heraus
mit Panzern zum Angriff an, wird vom Gr.-Regt 62 Feldherrnhalle abgewehrt.
Das 1. Batalion des Regiments hatte in der Nacht zum 25. den Panzergraben
zwischen dem Pelonker Höhenrand und dem Strand zwischen Glettkau und Brösen
besetzt, während das 2. Btl und der Regimentsgefechtsstand in der
Pestalozzischule am Heeresanger am Stadtrand von Langfuhr als Reserve
verblieb. Auch die Sasper Schießstände beim Flugplatz waren zu einem
Stützpunkt ausgebaut worden. Hier sollte noch einmal der Versuch unternommen
werden. einen letzten provisorischen Wall vor Neufahrwasser zu errichten, wo
immer noch Flüchtlinge auf den Abtransport zu Schiff warteten.Nach einem
erneuten Angriff von Oliva her mit acht Panzern entlang der Chaussee müssen
sich die Verteidiger in die Riegelstellung am Damm der Kartäuser Bahn
absetzen. da sie von rechts flankiert werden. Am Bahndamm in Friedensschluss
kämpfen Fallschinnjäger. Die Fabrikanlagen der Spinnerei beim Mühlenhof, die
vor dem Bahndamm lagen. dienen aber noch als vorgeschobener Stützpunkt. Am
26. morgens macht das 2. Btl einen Angriff, um den Anschluss an den rechten
Nachbarn wiederherzustellen und die eigene Stellung westlich des Flugplatzes
wieder vorzubringen. Nach einem Einbruch 'beim linken Nachbarn muss eine
neue Stellung an der Straße Oliva — Langfuhr eingenommen werden. Auch um die
Spinnereifabrik tobt ein heftiger Kampf. Doch schließlich muss wegen
erneuter Flankierung von Brösen her, wo der Russe am Spätnachmittag des 26.
unterhalb des Holms zur Weichsel durchgebrochen war, der Rückzug zu den
ersten Häusern von Langfuhr angetreten werden. Dieser Stadtrand wird mit
Unterstützung durch ein paar Panzer, die durch häufigen Stellungswechsel
eine größere Stärke vortäuschen, bis Mittemacht verbissen verteidigt, dann
Absetzung auf eine neue Verteidigungslinie am Westrande der Schichauwerft.
In der Frühe des 27. wird Langfuhr planmäßig geräumt. Nur schwache Nachhuten
leisten am Morgen des 27. am südlichen Ortsrand noch hinhakenden Widerstand.
Auf dem Flugplatz geht nun russische Artillerie in Stellung, eine Batterie
neben der anderen. und feuert nach Danzig hinein. Andere Batterien. die sich
beim Sasper Friedhof eingegraben haben, schießen auf Ziele links von Danzig,
in der Gegend von Heubude. Von Danzig her kommt nur geringe Antwort, auf
hundert russische ein deutscher Abschuss. Von See her feuert deutsche
Schiffsartillerie. ihre Geschosse schlagen auf dem Flugplatz und in den
Häusern am Stadtrand Langfuhr sein. Tagelang zäh verteidigt werden die Höhen
: bei Zigankenberg westlich Danzigs. Dort kämpfen die letzten einsatzfähigen
Panzer der 4. PzD und lassen die Sowjets nur langsam und vorsichtig
vorgehen. In den Siedlungen auf der Höhe und unten im Tal in der Straße
durch Schidlitz halten Panzergrenadiere und Besatzungen unbrauchbarer Panzer
aus den Häusern heraus und hinter Panzersperren die Russen mit der
Panzerfaust in Schach.
Am 27. kämpfte das Regiment Feldherrnhalle zwischen den Häusern der
Schichaukolonie und den Hallen der Schichauwerft. Dort ging es
weniger um die Verteidigring des Zugangs zur Innenstadt als um die
Verhinderung eines russischen Übergangs über die Tote Weichsel. Der Russe
erzielte jedoch einen tiefen Einbruch beim rechten Nachbarn. war sogar beim
Holm übergesetzt und hatte auf dem Ostufer des Kaiserhafens einen
Brückenkopf gebildet Das Regiment wurde daher auf eine Sicherungsstellung um
die Fähre zum Holm zurückgenommen — gemeint ist wohl die Eisenbahnfähre vom
Troyl zum Holm. Neufahrwasser fiel am Nachmittag des 27. in russische Hand.
Am gleichen Tage brachen die Russen am Steffenspark rum Olivaer Tor durch
und sickerten bis zum Bahnhof ein. Aus den Fenstern des Oberfinanzpräsidiums
am Horst-Hoffmann-Walleröffneten SS und andere Einheiten das Feuer in
Richtung Bahnhof und zwangen die Russen in Deckung, diese konnten sich
jedoch durch die Schichaugasse vorarbeiten. Am Olivaer Tor fiel am
Nachmittag des 27. durch einen Salvengeschützüberfall der Kommandeur der 4.
PzD, General Betzel, dem sich die andern im Stadtgebiet von Danzig noch
kämpfenden Truppen. die 252. und 389. ID sowie die 12.
Luftwaffenfelddivision freiwillig untersteht hatten, bei der Leitung des
Aufbaus eines neuen Sperriegels. Aber es war bald nicht mehr ganz klar, wo
in dem Hexenkessel von Danzig noch deutsche Truppen. standen und wo schon
die Russen waren. In der Frühe des 27. waren die ersten Russen in den
Kellern der Rennerstiftsgasse erschienen. gegen 2 Uhr in der Nacht waren sie
auf hundert Meter an die Gasanstalt bei der Danziger Werft heran. wo Flak
stand und Widerstand leistete. Zivilbevölkerung hisste auf der Gasanstalt
die weiße Fahne.
Der Halbkreis um die Innenstadt war nun ganz eng geworden. Auch von Süden
her waren die Sowjets jetzt nahe herangekommen; der Wehrmachtsbericht vom
28. meldet, dass im Südteil von Danzig Straßenkämpfe tobten. also wohl in
der Gegend von Ohra oder Petershagen. Die ganze Innenstadt war nur noch ein
brennendes Inferno. ein brüllender Hexenkessel aus Feuer, Qualm und
Detonationen. Hagelsberg und Bischofsberg mit ihren alten Festungskasematten
waren am 27. noch in deutscher Hand. Der Hagelsberg wurde am 28. gegen 2 Uhr
morgens geräumt. der Bischofsberg kapitulierte in der Frühe des gleichen
Tages. Dort oben in den ehemaligen Festungsanlagen hisste eine kleine Gruppe
auf
eigene Faust die weiße Fahne. Die Überschrift des Berichts darüber von
Kätner. . Weiße Fahne über Danzig" ist etwas irreführend. Die Masse der
Verteidiger Danzigs hat nicht kapituliert. Die letzten hier und da noch
Widerstand leistenden Gruppen zogen sich befehlsgemäß in der Nacht zum 28.
hinter die Motllau nach Osten zurück. Der Westteil der Innenstadt wurde
aufgegeben und in den frühen Morgenstunden des 28. von russischen Panzern
besetzt. Mottlau und Weichsel von Ohra bis zur Westerplatte bildeten nun
kurzfristig eine neue Widerstandslinie.
Sie wurde großenteils bis zum 30. März gehalten. und das ermöglichte es noch
den ganzen 29. hindurch den zurückgehenden deutschen Truppen, der
Bevölkerung und den Flüchtlingen, über die einzige vorhandene
Weichselbrücke, die Breitenbachbrücke. den vorgesehenen Fluchtraum. die
Dünenwälder bei Heubude und Krakau. zu erreichen. Die Brücke erhielt zwar
einen Bombentreffer. konnte jedoch von Pionieren wieder befahrbar gemacht
werden. Das Regiment Feldherrnhalle war im Nebel der Morgenstunden des 28.
über den Kaiserhafen in den Raum Rieselfelder übergesetzt worden. Neue HKL
wurde dort die nach der Wester-platte führende Bahnlinie. Von ihr aus
versuchte das Regiment, durch einen Gegenangriff um 18 Uhr den russischen
Brückenkopf am Ostufer des Kaiserhafens einzudrücken, der Angriff geriet
aber in dem unübersichtlichen Industriegelände ins Stocken und musste
abgebrochen werden. Russische Versuche. den Brückenkopf zu verstärken.
konnten jedoch am 29. abgewehrt werden.
Am 31. ging die Westerplatte. von der aus immer noch ein Pendelverkehr nach
Hela statt-gefunden hatte, nach heftigen Kämpfen verloren. Die HKL wurde am
1. 4. zunächst bis zum Winkelberg bei Heubude. danach bis zur Linie
Schleppweg — Krakau zurückgenommen. Am 2. 4. konnte nur noch eine kleine
Brückenkopfstellung um Westlich Neufähr herum behauptet werden; der letzte
Stützpunkt auf der Danziger Nehrung westlich des Weichseldurchbruchs, der
Quellberg, wurde in der Nacht zum 3. 4.geräumt Der neue Sperriegel hinter
dem Weichseldurchbruch und vor Bohnsack hielt dann bis zum Waffenstillstand
am 9. Mai. Südlich der Danziger Weichsel im Werder verlief die Frontlinie am
1. 4. vor Klein Plehnendorf entlang dem Fleischerwall zur Mottlau. diese
entlang bis Herrengrebin und von dort über Wossitz und Gemlitz zur
Stromweichsel. Sie wurde langsam zurückgedrückt Plehnendorf ging am 10. 4.,
Herrengrebin am 6. 5. (?) verloren. Wossitz und Gemlitz wurden am 7. 5. ohne
Kampf geräumt. Tnitenau am 8. 5. Auch Gottswalde soll noch bis zum Schluss
in deutscher Hand gewesen sein.
Die Nehrung von Bohnsack bis Neutief blieb bis zum Verlust Pillaus am 25. 4.
von Kämpfen verschont. Sie war vier Wochen lang die Zuflucht der noch nicht
abtransportierten Flüchtlinge und der Überlebenden der geschlagenen
deutschen 4. Armee aus Ostpreußen, die über das Frische Haff dem Tod oder
der Gefangennahme entkommen waren.
Am 26. April landeten die Russen, von Pillau kommend, in Neutief. Mit
unvorstellbarem Material- und Munitionsaufwand drangen sie auf der Nehrung
von Riegelstellung zu Riegelstellung nach Westen vor. Aufopfernder
Widerstand durch Abwehrgruppen der 4. PzD konnte ihren Vormarsch nur
aufhalten, nicht verhindern. Am 1. Mai ging Narmeln verloren, am 3.
Kahlberg. am 5. Pröbbernau. am 7. Vogelsang und Bodenwinket Die Reste der
Verteidiger. Angehörige der 4. PzD sowie der 7. ID, ermöglichten es. dass
noch Tag für Tag an die 30 000 Menschen nach Hela eingeschifft werden
konnten. Am Abend des 6. 5. wurden in Nickelswalde und Schiewenhorst die
letzten Flüchtlinge verladen. Als dann auch die letzten Verteidiger an die
Reihe kommen sollten, trat am 9. 5. um Mitternacht die allgemeine
Kapitulation in Kraft. Alles. was noch nicht fort war. geriet in die Hände
der Russen. Der letzte Akt des Dramas beiderseits der Weichsel war zu Ende.
Quelle: Panzerarchiv
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