Zeitzeuge Obergefreiter Völcker
v.l.n.r.: Lt. Ölker,
Gruppen-Führer Uffz. Dorst, Obergefr. Völcker, Gefr. Rittweiler
Kartoffelbunker
Völcker, letzter
Dienstgrad: Obergefreiter
389 ID, IR 546, Regimentsnachrichtenzu
Unsere arg dezimierte
Division wurde im November 1944 regelmäßig als eine Art "Feuerwehr"
gebraucht. Auf LKW's verladen; wurden wir zu den Brennpunkten gebracht und
mussten meistens Fronteinbrüche begradigen, um danach wieder zu einem
anderen Ort gebracht zu werden.
So kam es, dass ich noch
nicht sagen kann, an welchem Ort ich mich an jenem Nachmittag des 08.11.44
aufgehalten hatte. Unser Regimentsnachrichtenzug hatte sich in einem
Unterstand, den wir "Kartoffelbunker" nannten, niedergelassen. Mein Kamerad,
Gefreiter Xödl, ein kräftiger 20-jähriger Kerl aus Passau, lag langgestreckt
hinter mir im Gras und schlief fest. Der Iwan hatte mit seinem
Artilleriefeuer eine längere Pause gemacht, und jeder nutzte die momentane
Ruhe. Ich saß da und schnitzte an einem Stock, als eine einzige russische
Granate unten im Tal einschlug. Nichts Aufregendes, aber ich erkannte, dass
unsere Telefonleitungen, die dort unten verlegt waren, etwas abbekommen
haben mussten.
Bevor unser Uffz Dorst mir einen entsprechenden Befehl geben konnte, hatte
ich mir mein Reparaturmaterial,(Isolierband, Zange) bereits genommen und
meldete mich bei Dorst ab. Ich sagte ihm, dass er den Gefreiten Xödl nicht
zu wecken brauchte. Das kleine Problem könnte ich auch alleine lösen. Ich
stieg ins Tal hinab und hatte die schadhafte Stelle auch schnell gefunden.
Ich reparierte die Leitung und prüfte zum Schluss mit den Fingern, ob
Energiefluss vorhanden war. Ich wollte wieder zu unserem Unterstand zurück
und war vielleicht 50 m weit den Hang hochgekommen, als mir unser Uffz Dorst
den Hang herunter entgegenkam. Wild gestikulierend rief er mir zu, ich
sollte zurück in Richtung Wald laufen, die Russen brächen durch. Aus dem "
Kartoffelbunker" rannten die Kameraden meines Zuges den Hang hinunter auf
mich zu und hinter Ihnen die russischen Soldaten mit ihrem "Urräh"-Geschrei
und heftigem Infanteriefeuer.
Wir rannten bis in den nächsten Wald hinein und trafen dort auf andere,
kleinere zusammengewürfelte Einheiten, die uns halfen, den Einbruch, der
Gott sei Dank ohne Panzerunterstützung vorgetragen worden war, zum Stehen zu
bringen. Es war keine Großoffensive, eher ein Scharmützel, aber die
russischen Soldaten hatten sich ohne größere Probleme auf dem Hügel
festgesetzt. Vermutlich war der russischen Führung durch Aufklärung bekannt
geworden, dass unsere Bewaffnung in Bezug auf schwere Waffen, mehr als
erbärmlich war. Wir saßen im Wald und beobachteten die russischen Soldaten,
die ihre Stellung auf dem Hügel weiter ausbauten. Eine Möglichkeit, sie an
ihrem Vorhaben zu hindern, gab es nicht.
Nach zwei Tagen hatten wir mit Hilfe einer Panzereinheit, deren Chef ein
Hauptmann Fehrmann (phon.) war, einen Gegenstoß machen können, bei dem wir
die Höhe mit dem "Kartoffelbunker" wieder einnehmen konnten. Kurz vor der
Stelle, an der ich vor zwei Tagen die Leitung geflickt hatte, lag mein
Freund Xödl, von einem Kopfschuss tödlich getroffen. Es tröstete mich ein
wenig, dass er von seinem Tod nichts gespürt haben muss.
Von meiner Division haben nur etwa 70 Soldaten den Krieg überlebt. Einige,
so wie ich, mit mehr oder weniger schweren Verwundungen, andere, wie der
Gefreite Rittweiler, der im Dezember 44 nach stundenlangem Trommelfeuer den
Verstand verloren hat. Bis heute sind die Erinnerungen zwar verblasst, aber
selbst heute noch, mit fast 80 Jahren, in den Träumen manchmal doch noch
sehr intensiv...
Mit freundlicher Genehmigung von
www.Kurland-Kessel.de
und freundlicher Genehmigung der Hinterbliebenen
- Danke -
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