Die
zwischenmenschlichen Beziehungen, die Kameradschaft,
wie ich
diese in meiner Kriegsdienstzeit erlebte.
Gerhard D.,
Angehöriger der 389. Infanterie- Division
Die
zwischenmenschlichen Beziehungen sind auch definiert mit dem Begriff „
Kameradschaft,
(*1) und für Kameradschaft gab und gibt es auch noch
andere Begriffe wie, Freundschaft, Verbundenheit, Bruderschaft u.a.
In
nachstehenden Ausführungen gebrauche ich im wesentlichen den Begriff „
Kameradschaft".
Die
Kameradschaft war nicht nur ein Gebot der Menschlichkeit, sondern war auch eine
soldatische Pflicht.
Ich
erlebte die Kameradschaft in mehreren Phasen und unter verschiedenen Umständen
des Krieges.
Bei der kämpfenden
Truppe
Wir,
die meisten Angehörigen unserer Kompanie in Milowitz, waren schon im
Reichsarbeitsdienst in Lothringen, anschließend bei der Wehrmacht zur
Infanterieausbildung in Siegen/Westf. zusammen. Wir kannten uns also schon sehr
gut. Zu den anderen Kameraden, die noch unserer Kompanie angehörten, fanden wir
sehr schnell Kontakt.
Im
April 1942 folgte unser erster Einsatz im Donezgebiet, zunächst ein weniger
turbulenter Stellungskrieg, dann der kampfbetonte Kessel südlich Charkow,
weiter am Oskol, der Marsch in den Großen Donbogen, Schlacht westlich Kalatsch,
am Don bis Stalingrad. Wir waren eine kämpfende Infanterietruppe, waren starken
physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt.
Bei
der kämpfenden Truppe war die Kameradschaft, das Zusammengehörigkeitsgefühl,
von großer psychologischer Bedeutung, das schloss auch die Kameradschaft des
nahen Vorgesetzten mit seinen Untergebenen ein.
In
schwierigen Situationen suchte man direkt die Nähe des Kameraden, war gut
gestimmt, wenn man in seinem Umfeld alte Bekannte wusste oder getroffen hat.
Letzteres war für mich als Melder (zu Fuß und viel unterwegs) besonders
befriedigend.
In
dieser Phase des Krieges war noch ein wichtiger Faktor wirksam : es ging
vorwärts, wenn auch mit bitteren und sehr schmerzhaften Verlusten in den
eigenen Reihen. Dennoch, die Vorwärtsbewegung hat die Truppe in gewissem Maße
stimuliert, hat auch die Kameradschaft gestärkt. Die zermürbenden Belastungen
jedoch, ließen, besonders nach den Gewaltmärschen mit Feindberührung in den
Großen Donbogen, und auch die Kämpfe in der Folgezeit, eine sehr gedämpfte
Stimmung aufkommen.
Bis
zu meiner Versetzung, etwa gegen Mitte September 1942 zum Div.-Stab, hatte ich
als Angehöriger der kämpfenden Truppe erfahren, wie notwendig und wichtig die
Beziehung zu den Kameraden gewesen ist. Nicht wenigen Soldaten war der Kamerad
auch lebensrettend
Eine Zeit ohne
besondere kameradschaftliche Bindung
Ich
war beim Div.-Stab, bei der Kartenstelle, angekommen.
Das
hier anwesenden Personal, ein Unteroffizier, verantwortlich für die
Kartenstelle und zugleich einziger Zeichner, sein Mitarbeiter, zuständig für
Kartenbeschaffung und – Ausgabe, Vervielfältigungen, hatten mich eingewiesen.
Zur Kartenstelle gehörte noch ein Fahrer mit Klein-Lkw, auf dem Karten,
Vervielfältigungsgeräte u.a. untergebracht waren.
Mit
diesem für mich neuen Personal war schnell ein guter Kontakt hergestellt. Die
beiden Erstgenannten waren Berliner, sie wurden vom Div.-Kommandeur, dessen
Frau auch in Berlin wohnte, in Urlaub geschickt, (bereits berichtet).
Ab
jetzt war ich Einzelakteur, hatte alle Aufgaben, die der Kartenstelle oblagen,
wahrzunehmen. Hier gab es für mich nur wenig Zeit, mit dem anderen Personal des
Stabes (untere Dienstgrade) kameradschaftlichen Kontakt zu knüpfen.
Anfang
November 1942 musste ich wegen Gelbsuchterkrankung den Div.-Stab verlassen. Das
kam mir unpassend, denn ich hatte mich sehr gut mit dieser Aufgabe identifiziert,
aber bald erkannt, vor welchem ungewissen Schicksal ich durch diese Krankheit
bewahrt wurde.
Die
Gelbsuchtkrankheit wurde durch Fleckfieber abgelöst. Während der Lazarettaufenthalte
in Stalino und Saporoshje hatte man mit sich selbst zu tun und wenig Sinn für
persönliche Kontakte. Nach Genesung, Kurzaufenthalt in Genesungskompanie,
Urlaub und wenig Aufenthalt in Lemberg / Polen, landete ich im März 1943 in
Frankreich zur Neuaufstellung der 389.ID.
In
dieser Zeit also, von Mitte September 1942 bis März 1943 gab es für mich keine
näheren kameradschaftlichen Beziehungen, und das setzte sich noch einige Zeit
in Frankreich fort.
Die Kameradschaft in
den rückwärtigen Diensten
Zunächst
noch meine Erlebnisse bezüglich Kameradschaft in Frankreich während der
Neuaufstellung.
Mein
Ankunftsort war St. Lo in der Normandie. Dort war ein Auffangstab vorhanden für
die Ankömmlinge der 389. ID ( hierüber
berichte ich noch, Thema „alte Hasen „ o.ä. )
Hier
nur fremdes Personal und vielfacher Wechsel.
In
der Folgezeit kam der Stab der
aufgelösten 298.ID, dieser zog in das Chateau de Canisy ein, etwa 25 km
westlich St.Lo.. 2). Der Stab der 298.ID hatte kein Personal für
die Kartenstelle und so wurde ich in diesen Stab aufgenommen. Die beiden
Berliner, die mich vor Stalingrad in die Aufgaben der Kartenstelle eingewiesen
hatten und vom Div.-Kommandeur in Urlaub geschickt wurden, trafen auch in
Canisy ein und nahmen ihre frühere Funktion wieder ein. Die Kartenstelle warnun mit 3 Mann besetz
t
Bild 3 - Gerhard Dassler rechts im Bild
Ein weiterer Zeichner kam hinzu, und später
noch ein Kraftfahrer mit einem Kleinbus, speziell für die Kartenstelle. Von dem
hinzugekommenen Zeichner stammt die Federzeichnung „Stabsquartier 1943“ 3). Wir, die
Angehörigen der Kartenstelle, entwickelten uns zu einer großartigen
Gemeinschaft. Mit den weiteren Mannschaftsdienstgraden des neuen Stabes fanden
wir in Frankreich noch nicht den richtigen Kontakt, aber das änderte sich
später.
Soweit
meine Erlebnisse bezüglich Kameradschaft in Frankreich.
Gegen
Ende September 1943 ging es für die neu aufgestellte 389.ID wieder nach
Russland, Einsatz am Dnjepr im Raum Tscherkassy ( 2. Einsatz-Etappe ).
Nun
ordne ich den Div.-Stab den rückwärtigen Diensten zu, obwohl diese
Zuordnung - was Frontnähe und
Gefahrsituationen betrifft - sehr
differenziert zu betrachten ist. So war z.B. die operative Gruppe des
Div.-Stabes ( Kommandeur, Ia, Ic, evtl. auch IIa, jeweils mit Schreiber,
Zeichner, Melder, Funker nicht selten im Frontbereich anzutreffen.
Mitte
November 1943 kam noch ein Zeichner zur Kartenstelle hinzu, auch ein Berliner, der dann für Ic arbeitete
Was
die Kameradschaft in den rückwärtigen Diensten betrifft, so war diese lockerer
gewesen gegenüber der Kameradschaft in der kämpfenden Truppe. Es bestand ein
beachtlicher Unterschied. Bei letzterer war die Gefahr Schaden zu erleiden
weitaus größer, die Belastungen unvergleichlich höher als in den rückwärtigen
Diensten; man war auf den Kameraden nebenan angewiesen. Das machte den
Unterschied aus, und somit waren auch die Inhalte der Kameradschaft
verschieden.
Auch
die Art der Kampfführung, ob Vorwärts- oder Rückzugsbewegung, hatten Einfluss
auf die Moral und die Kameradschaft in der Truppe und das auch in den rückwärtigen
Diensten.
Wenn
jedoch die rückwärtigen Dienste Feindberührung hatten – und das war bei der
operativen Gruppe des Div.-Stabes ( wie vorstehend erwähnt ) nicht selten der
Fall, traf aber auch für alle anderen Einheiten der rückwärtigen Dienste zu
- dann erhielt die Kameradschaft eine
andere Bedeutung.
Ab
der 2. Einsatz-Etappe (Tscherkassy) bis zu ihrer Auflösung war die Division nur
in Absetzbewegungen und Abwehrkämpfen verwickelt. Während in der 3. Etappe
(Lettland/Kurland) die Rückzugsbewegungen noch einigermaßen geordnet verliefen,
waren diese in der 2. und 4. Etappe (Tscherkassy und Westpreußen/Danzig) sehr
turbulent.
Erwähnt
sei hier – als ein Beispiel – die Zeit der Einschließung deutscher Truppen im
Raum Tscherkassy und im Kessel selbst. Hier waren kämpfende Truppe und
rückwärtige Dienste fast gleichermaßen gefordert und somit hatte die
Kameradschaft gleiche Inhalte angenommen. Auch das Verhältnis zu den
Offizieren, auch höheren Offizieren, war ein anderes geworden
Eingangs
hatte ich erwähnt, dass die Kameradschaft nicht nur ein Gebot der
Menschlichkeit, sondern auch eine soldatische Pflicht gewesen ist. Hier sei ein
Beispiel angeführt, über eine besondere Art der Dienstpflicht, der
Menschlichkeit. Die Ortschaft Schanderowka im Tscherkassy- Kessel war
Ausgangspunkt aller eingeschlossenen Truppen für den Ausbruch aus dem
Einschließungsring. Dort war die Kirche des Ortes Verbandsplatz und hier lagen
nur transportunfähige Schwerverwundete.
Die Ärzte und Sanitäter blieben bei den Verwundeten, hatten diese nicht
verlassen, haben die Gefangennahme auf sich genommen.
Die
Kartenstelle war von Mitte November 1943 an mit einem Unteroffizier plus 5
Mann, einschließlich Fahrer, besetzt. Die Kameradschaft war bestens. Ein
Beispiel praktizierter Kameradschaft innerhalb dieser kleinen Gruppe : beim
Ausbruch aus dem Tscherkassy- Kessel wurde der Unteroffizier leicht verwundet, wollte aufgeben. Die
Kameraden versorgten ihn, halfen ihm auch zum Durchhalten.
Leider
sind der Unteroffizier und ein Kamerad im Kurland gefallen ( bereits berichtet
). Die verbliebenen Kameraden der Kartenstelle haben die Auflösung der Division
und danach auch noch als Angehörige eines kleinen Führungsstabes - etwa 20
Mann, der sich aus der aufgelösten Division zusammensetzte - die Schiffsüberfahrt
von der Halbinsel Hela nach Swinemünde, einen weiteren Einsatz westlich Stettin
bis zur Gefangennahme in Bad Kleinen ( Mecklenburg/Vorpommern ) und somit das
Ende dieses schlimmen Krieges überlebt.
Fußnoten: 1)
wikipedia
2) siehe
Anhang
3) Bild
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