Rüstungsurlaub
Christian Wilhelm
Neuhaus †
Rüstungsurlaub vom 19.10.1940 - 12.01.1942
Sperrausweis Fa. Henschel & Sohn Kassel
Die Henschel-Werke waren eine
auf eine
Gießerei zurückgehende Maschinen- und Fahrzeugfabrik in Kassel. Henschel
baute eine der ersten
Dampflokomotiven in Deutschland und war zeitweise einer der bedeutendsten
Hersteller von Lokomotiven
in Europa. Ab 1925
war Henschel auch in der Produktion von Lastwagen
und Omnibussen
tätig.
Die Henschel-Werke waren während des Zweiten Weltkrieges einer der
bedeutendsten deutschen Rüstungsproduzenten und damit auch ein wichtiges Ziel
von Bombenangriffen. Von 1933 bis 1945 produzierte
Henschel in Kassel Panzer (ab 1943 auch
Tiger) und in Berlin auch Flugzeuge und militärische Flugkörper. Im August
1940 sind bei Henschel in Kassel und Altenbauna 300 Kriegsgefangene als
Zwangsarbeiter eingesetzt. Die Zahl der Zwangsarbeiter steigt bis Ende 1944 in
Kassel insgesamt auf ungefähr 25 000. Sie werden aus den besetzten Gebieten in
Ost und West, aus Polen, Russland, Holland, Frankreich und anderen Ländern,
herangeschafft.
Neben den oben bereits abgehandelten Panzerwagen kamen auch die schweren
Lastwagen im zweiten Weltkrieg vielfach zum Einsatz. Die Werksanlagen wurden im
Krieg stark zerstört, die LKW-Fertigung kam zum Erliegen.
Henschel als Panzerhersteller
Mit der Aufrüstung der Wehrmacht
in der zweiten Hälfte der 30er Jahre begann auch Henschel mit dem Widereinstieg
ins Rüstungsgeschäft. Das Unternehmen wurde zu einem der bedeutendsten deutschen
Produzenten von Panzern und gepanzerten Fahrzeugen. Bei den Henschel- Werken in
Kassel wurden unter anderem. Panzer der Typen
Panther,
Tiger I und
Tiger II produziert.
Bis 1945
Im März 1933
nahm die „Henschel Flugzeug-Werke AG“ in
Berlin-Schönefeld und
Berlin- Johannisthal die Produktion von Flugzeugen, später auch von
Flugkörpern auf.
Die wichtigsten Henschel-Flugzeuge waren:
- Hs 123, ein
Sturzkampfflugzeug
- Hs 126, ein
Nahaufklärer
- Hs 129, ein zweimotoriges
Schlachtflugzeug
Daneben wurden mehrere Prototypen und
Experimentalflugzeuge hergestellt, die allerdings nicht in Serie gingen.
Außerdem wurden Flugzeuge anderer Hersteller in Lizenz
produziert.
Während des
Zweiten Weltkrieges stellte Henschel außerdem auch Flugkörper
her, so zum Beispiel die Gleitbombe
Hs 293 oder die
Flugabwehrrakete
Hs 117 „Schmetterling“.
Quelle
Das Werk war im II. Weltkrieg natürlich eines der wichtigsten Ziele von
Bombenangriffen und wurde fast vollständig zerstört. Erst 1948 werden wieder
Lokomotiven gebaut.
Merkblatt für die Arbeitsurlauber "Rü 40"
1. Urlaub
a) Die Beurlaubung erfolgt bis auf weiteres und unverzüglich nach Eintreffen
durch den zuständigen Truppenteil.
b) Der Urlauber erhält einen "besonderen Urlaubsschein" (blau) mit der
Kennziffer "Rü 40", dieser hat Gültigkeit als Fahrtausweis für Hin- und
Rückreise zum und vom Arbeitsort, ohne Lösen jeder weiteren Fahrkarte. Er gilt
gleichzeitig als Personalausweis für den Urlauber.
2. Bekleidung
a) Der Urlauber gibt die von seinem Feldtruppenteil mitgebrachte Bekleidung und
Ausrüstung beim Ersatztruppenteil gegen Empfangsbescheinigung ab.
b) Er erhält für die Dauer des Urlaubs vom Ersatztruppenteil einen Marschanzug
bestehend aus: 1 Feldmütze, 1 Feldbluse mit Kragenbinde, 1 lange Tuchhose, 1
Mantel, 1 Schlupfjacke, 2 Hemden, 1 Paar Schnürschuhe, 2 Unterhosen, 2 Paar
Strümpfe, 1 Koppel mit Schloss und Tasche, 1 Wäschebeutel, 1 Gasmaske.
c) Bei Berufsausübung ist dem Urlauber das Tragen von Uniform verboten. Im
übrigen ist während des Wirtschaftsurlaubes Tragen von Uniform freigestellt.
Meldungen bei militärischen Dienststellen haben grundsätzlich in Uniform zu
erfolgen. Uniform darf nur in sauberem, vorschriftsmäßigen Zustand getragen
werden.
d) Der Urlauber haftet für die Vollzähligkeit der ihm überlassenen Bekleidung
und Ausrüstung und für deren pflegliche Behandlung. Notwendige Instandsetzung
ist vom Beurlaubten bim nächsten Ersatztruppenteil zu beantragen.
e) Der Urlauber erhält bei nachgewiesenem Bedarf zur Ergänzung der Zivil- und
Berufskleidung auf Antrag Bezugsscheine durch das für den Wohnort zuständige
Wirtschaftsamt.
3. Wehrdienstverhältnis
Der Urlauber bleibt auch während des Arbeitsurlaubs Soldat und ist seinem
Ersatztruppenteil in disziplinärer und gerichtlicher Beziehung unterstellt. Bei
Arbeitsverwendung außerhalb des Wehrkreises des Ersatztruppenteils untersteht
der Urlauber dem örtlich zuständigen Wehrmeldeamt.
4. Meldungen
a) Spätestens am dritten Tag nach Urlaubsbeginn hat sich der Urlauber beim
zuständigen Arbeitsamt zu melden, das ihm seinen Arbeitsplatz zuweist. Die
zugewiesene Arbeit ist unverzüglich aufzunehmen.
b) Innerhalb 48 Stunden nach Eintreffen am Arbeitsort ist persönliche Meldung
beim zuständigem Wehrmeldeamt unter Vorlage des Urlaubsscheins erforderlich.
c) Der Urlauber meldet schriftlich dem Ersatztruppenteil Arbeitsstelle und
genaue Wohnungsanschrift. Gleichzeitig übersendet er die vom zuständigen
Arbeitsamt gestempelte Bescheinigung des Arbeitgebers über die erfolgte
Arbeitsaufnahme. Liegt diese Meldung spätestens 10 Tage nach Arbeitsaufnahme dem
Ersatztruppenteil nicht vor, erfolgt Rückberufung zum Ersatztruppenteil.
d) Beim Wechsel des Arbeitsortes ist dem zuständigen Wehrmeldeamt und
Ersatztruppenteil schriftlich Meldung über die erfolgte Arbeitsaufnahme zu
erstatten. Falls ein anderes Wehrmeldeamt zuständig wird, ist persönliche An-
und Abmeldung erforderlich. Der Ersatztruppenteil übersendet einen neuen
Urlaubsschein für die Rückfahrt vom neuen Arbeitsort zum Standort des
Ersatztruppenteils gegen Rückgabe des alten Urlaubscheines.
e) Wer diese Meldungen unterlässt oder verabsäumt, wird nach den
wehrgesetzlichen Bestimmungen (unerlaubte Entfernung) bestraft.
5. Wirtschaftliche Bestimmungen
a) Wehrsold wird bis Ende des Monatsdrittels gezahlt, in dem die Arbeitsaufnahme
erfolgt.
b) Kriegsbesoldung wird tageweise bis zum Tage der Arbeitsaufnahme gewährt.
c) Anspruch auf Heeresverpflegung fällt mit dem Tage der Arbeitsaufnahme fort
und beginnt mit dem Tage des Wiederantritts des Truppenteils.
d) Familienunterhalt wird bei Verwendung in nicht selbstständiger Beschäftigung
den familienunterhaltsberechtigten Angehörigen bis zum Tage der ersten Lohn-
oder Gehaltszahlung, längstens jedoch für die Dauer von 2 Wochen vom Beginn der
Arbeitsaufnahme fortgewährt.
e) Die Beurlaubten sind arbeits-, fürsorge- und versorgungsrechtlich als
Arbeiter, Angestellte, Betriebsführer im eigenen Betrieb oder selbstständig im
freien Beruf anzusehen. Ihre Bezahlung, soweit sie nicht ein selbstständige
Tätigkeit ausüben, regelt sich nach der für den betr. Betrieb geltenden
Tarifordnung oder sonstigen Regelung, sie unterliegen damit den allgemeinen
Vorschriften der Sozialversicherung. Ansprüche auf Heilfürsorge können nur gegen
den zuständigen Träger der Sozialversicherung geltend gemacht werden.
Heilfürsorge der Wehrmacht wird für die Dauer der Arbeitsleistung gegen Entgelt
nicht mehr gewährt.
6. Rückberufung vom Urlaub
Der Urlauber kann jederzeit schriftlich, durch Rundfunk oder Presse
zurückberufen werden. (Aufruf der Kennziffer "Rü 40"). Er meldet sich dann
innerhalb kürzester Frist beim Ersatztruppenteil.
7. Politische Betätigung
Teilnahme des Urlaubers am Dienst SA- Wehrmannschaften und Haupt- und
ehrenamtliche Ausübung politischer Betätigung ist gestattet.
8. Auftreten in der Öffentlichkeit
Haltung, Disziplin- und Wahrung der Soldatenehre ist erstes Gebot des Urlaubers.
Äußerste Vorsicht bei Gesprächen, auch gegenüber Arbeitskameraden und nächsten
Angehörigen.
9. Sonstiges
In allen Zweifelsfragen wendet sich der Urlauber (Unteroffiziere und
Mannschaften) an das zuständige Wehrmeldeamt, Res.Offz.Anw- an das zuständige
Wehrbezirkskommando.
Dieses Merkblatt ist aufzubewahren und nach Rückkehr vom Urlaub mit
Urlaubschein beim Ersatztruppenteil wieder abzugeben.
1940
Zwangsarbeit ohne Wasser und Brot
Die ersten Zwangsarbeiter kamen 1940 nach Kassel. Sie lebten in
Barackenlagern und mussten in Industrie und Landwirtschaft schwerste Arbeit
leisten.
Im Sommer 1940 ließ die
Geheime Staatspolizei Kassel ein Arbeitserziehungslager für
Schutzhäftlinge in der Landesarbeitsanstalt Breitenau einrichten. Das Lager
war als Vorstufe eines Konzentrationslagers anzusehen. Die Häftlinge waren zum
größten Teil Polen und Juden, aber auch Russen, Franzosen, Holländer, Belgier,
Tschechen und Italiener waren unter den Gefangenen. Es handelte sich um
Zwangsarbeiter, die seit Beginn des Krieges nach Deutschland geschafft und in
der Industrie und Landwirtschaft eingesetzt wurden.
Nach Kassel kamen die ersten Zwangsarbeiter 1940. Wer die verlangte
Arbeitsleistung nicht erbrachte, wurde als Arbeitsverweigerer eingestuft und
ins Lager überstellt. Ein Teil der Häftlinge wurde nach drei bis vier Wochen
an ihren Arbeitsplatz zurückgeschickt, andere kamen in Konzentrationslager.
Unter den Gefangenen waren auch Frauen, "weibliche Schutzhäftlinge".
Das Arbeitserziehungslager Breitenau war eine eigenständige Einrichtung der
Gestapostelle Kassel, die in die bestehende Struktur der Landesarbeitsanstalt
und des Fürsorgeheims eingegliedert wurde. Die Geheime Staatspolizei zahlte
für Unterbringung, Verpflegung, Kleidung und Bewachung der Häftlinge einen
"Pflegesatz" von 1,50 RM. Die Leitung des Lagers übernahm der damalige
Direktor der Landesarbeitsanstalt, Georg Sauerbier. Im Schnitt befanden sich
1940 360 Gefangene in Breitenau.
Seit April 1940 galt für alle Polen der Jahrgänge 1915 bis 1925 die
Arbeitspflicht in Deutschland, die später auch auf andere Nationalitäten
ausgedehnt wurde. Viele von ihnen wurden gewaltsam aus ihren Dörfern geholt,
nach Deutschland gebracht und zum Arbeitseinsatz in der Rüstungsindustrie und
der Landwirtschaft gezwungen. Sie mussten zehn bis zwölf Stunden an sechs
Tagen in der Woche für einen Hungerlohn arbeiten, wurden in Baracken und
Behelfsunterkünften untergebracht, waren schlecht verpflegt und gekleidet. Das
Essen bestand meist aus dünner Kartoffel- oder Steckrübensuppe, die in Kübeln
zubereitet und in Blechnäpfen ausgegeben wurden. Meist gab es nicht einmal
Brot. Die Baracken waren überbelegt und voller Ungeziefer.
Infektionskrankheiten breiteten sich aus, die medizinische Versorgung war
völlig unzureichend. In Kassel existierten nachweislich mindestens 200 solcher
Unterkünfte. Zehn große Lager besaß die Firma Henschel.
Am schlimmsten war die Lage für die Zwangsarbeiter aus Osteuropa. Durch die
Polenerlasse vom März 1940 (und die Ostarbeitererlasse von 1942) wurden
Menschen gezwungen, wie später auch die Juden, eine Kennzeichnung zu tragen,
ein "P" beziehungsweise "Ost". Sie wurden schlechter als andere mit
Lebensmitteln versorgt, erhielten einen geringeren Lohn und hatten keinerlei
Arbeitsrechte. In den 80er Jahren wurden Erinnerungen ehemaliger
Zwangsarbeiter protokolliert. Ein gebürtiger Pole, Herr Z., der im März 1940
als Zwangsarbeiter nach Kassel kam, erinnerte sich an seine Ankunft am
Kasseler Hauptbahnhof, von wo aus er und seine Landsleute mit Lastwagen in das
Lager Struthbachweg/Holländische Straße transportiert wurden. Unter den
Ankömmlingen war ein Pole mit Hafersack und Peitsche in der Hand, ein
Kutscher, den man in Warschau eingefangen hatte. Herr Z. wurde als gelernter
Schmied bei Henschel & Sohn im Werk
Rothenditmold im Kesselhaus eingesetzt, wo er einen Schmiedhammer bedienen
musste.
Die Zustände im Lager beschreibt der Zwangsarbeiter als chaotisch, es
herrschte Wassermangel und die Aufseher quälten die Insassen mit Schikanen und
Schlägen. Kontakte zwischen den einzelnen Gruppen im Lager wurden unterbunden,
Kontakte zwischen der einheimischen Bevölkerung und den Lagerinsassen wurden
ab 1940 unter strenge Strafe gestellt. Ein holländischer Zwangsarbeiter
bestätigt, dass es den Polen besonders schlimm erging: "Der Pole war kein
Mensch in den Augen der Deutschen."
Die Ideologie von der Überlegenheit der Deutschen über andere Völker wurde
durch die Siege der Wehrmacht in Polen und besonders im Sommer 1940 gegen
Frankreich gestützt. Auch in Kassel wurden heimkehrende Soldaten im Juli 1940
als Sieger bejubelt. Kaum jemand konnte sich vorstellen, wie lange und blutig
dieser Krieg noch werden sollte.
Quelle
Nationalsozialismusforschung
Ausländerlager in Kassel
kv 11./12.9.93
Quelle
Große Ausländerlager in Kassel (1940 -
1945)
Lager Holländische Straße [149]
Das Lager Holländische Straße war das
erste einer großen Zahl (elf konnten nachgewiesen werden) von der Firma Henschel
und Sohn - überwiegend auf eigenen Grundstücken oder durch Pachtverträge
beschafft - eingerichteten Ausländerlagern . Es wurde als Henschel-Wohnlager I
geführt, gelegentlich auch Lager Mittelfeld (weil es in unmittelbarer Nähe zum
Werk Mittelfeld der Fa. Henschel lag) genannt und als
Zwangsarbeiter-Massenunterkunft 1940 eingerichtet. Es befand sich zwischen der
Holländischen Straße und dem Struthbachweg. Es war für mehr als 2000 Arbeiter,
vorwiegend aus dem westlichen Ausland, eingerichtet. Wie fast alle großen Lager
schloss es Zivilarbeiterabteilungen und Kriegsgefangenenabteilungen in
getrennten Baracken ein. Bei einem Luftangriff im Oktober 1943 wurde es
weitgehend zerstört; die Zwangsarbeiter wurden mehrere Wochen in Zelten und
später in Schulgebäuden (z.B. Fasanenhofschule, Paul von Hindenburg-Schule in
der Schulstraße) untergebracht. Die Macht im Lager übte der Lagerführer bzw. der
Oberlagerführer gemeinsam mit dem Werkschutz der Fa. Henschel aus, der sich
seinerseits auf ausländische "Mitarbeiter" stützen konnte. Der Werkschutz der
Fa. Henschel war bereits 1940 formell zur Hilfspolizei ernannt worden, so dass
den Mitgliedern ähnliche Befugnisse wie Polizeibeamten zustanden. Außerdem griff
die "Werkschar" (NSDAP-Aktivisten im Betrieb) bei der "Betreuung" der Ausländer
ein.
Lager Struthbachweg
Das Lager Struthbachweg
(Henschel-Wohnlager II) grenzte an das Lager Holländische Straße an; es befand
sich allerdings (wahrscheinlich) jenseits des Struthbachwegs (in Richtung der
heutigen Wiener Straße). Es war ebenfalls ein sehr großes Lager. Es schloss
sowjetische, italienische und französische Kriegsgefangenenkommandos ein.
Eingerichtet war es 1941/42 ursprünglich für die aus Italien "heran geholten
Arbeitskräfte" (Fa. Henschel). Wie die meisten großen Lager wurde es ständig
erweitert, so dass die Lagerbewohner den Charakter einer nicht zu Ende kommenden
Baustelle behielten. Bei der Einrichtung des Lagers hatten zahlreiche
Kleingärtner ihre Grundstücke aufzugeben.
Lager Bunsenstraße
Das Lager Bunsenstraße
(Henschel-Wohnlager III) wurde - vermutlich im Jahre 1942 im Rahmen der
Ausdehnung der Wohnlager I und II - begründet. Es befand sich zwischen
Helmholtzstraße und Bunsenstraße - mithin auf der anderen Straßenseite der
Holländischen Straße, vom Wohnlager I aus gesehen - und bestand aus einer
kleineren Anzahl von Baracken. Es wurde von Zeitzeugen auch als Polenlager
bezeichnet, obgleich nicht mit Sicherheit belegt ist, ob tatsächlich polnische
Staatsangehörige dort untergebracht waren. Nach dem Sturz Mussolinis wurden die
Baracken umzäunt und italienische Militärinternierte dort untergebracht.
Lager Untere Königsstraße 99
Das Lager Untere Königsstraße 99
(Henschel-Wohnlager IV), auch Frauen-Polenlager genannt, war ein ausschließlich
für Frauen, die bei Henschel Zwangsarbeit leisteten, eingerichtetes Lager. Das
Lager befand sich auf dem Gelände der heutigen Hauptpost am Holländischen Platz
(bei Dettmar nachfragen). In erster Linie stammten die dort einquartierten
Frauen und Mädchen aus Polen und der Sowjetunion, aber auch sogenannte
"Westarbeiterinnen" waren dort untergebracht. Ein zweites ausschließlich für
Frauen reserviertes Lager war in Bettenhausen in der Ochshäuserstraße 31-43
eingerichtet; die Frauen arbeiteten überwiegend bei der Fa. Wegmann.
Lager Möncheberg- Ziegelei
Das Lager Möncheberg-Ziegelei
(Henschel-Wohnlager VI) war eines von mehreren Wohnlagern auf dem Gelände einer
alten Ziegelei (Tongrube, Öfen und Braunkohleabbau ) auf dem Möncheberg und in
dessen Umkreis (bis auf Ihrängshausener Gemarkung). Es bestand zunächst aus den
ausgebauten Öfen bzw. Produktionshallen der stillgelegten Ziegelei, die seit
längerem in den Besitz von Henschel übergegangen war. Neben den Wohnlagern
befand sich auf diesem Gelände auch ein Straflager der Geheimen Staatspolizei
Kassel. Das Lager Möncheberg-Ziegelei wurde im Frühjahr 1942 als Wohnlager "für
russische Arbeiter" eingerichtet und bereits im Herbst 1942 durch angrenzende
Baracken erweitert. Zeitzeugen berichten, daß sogenannte "körperliche
Züchtigungen" - hierunter sind Ohrfeigen und Fußtritte zu verstehen - an der
Tagesordnung waren. Die "Russen" wurden geschlossen zur Arbeit geführt; das
Klappern der Holzschuhe kündigte sie an.
Lager Möncheberg- Wielandstraße
Das kleine Lager Möncheberg-
Wielandstraße (Henschel-Wohnlager VII) war hauptsächlich für die Aufnahme von
Kranken bestimmt. Zwei "Lazarettbaracken" und ein Quarantäne-Bau (zur "Aufnahme
von Arbeitern mit ansteckenden Krankheiten"), der durch einen Zaun vom übrigen
Lager getrennt war, gehörten zu diesem Lager.
Lager Möncheberg-Stockbreite
Das Lager Möncheberg-Stockbreite
(Henschel-Wohnlager VIII) wurde vermutlich erst 1942 errichtet, "als ein neuer
Strom ausländischer Arbeitskräfte ... den weiteren Ausbau eines ausgedehnten
Lagers unterhalb der Ziegelei ... notwendig" machte. Mehrere tausend Menschen
(wir vermuten 2ooo bis 3ooo) aus verschiedenen Nationen wurden in diesem reinen
Barackenlager untergebracht.
Lager Möncheberg-Ihringshäuserstraße
Das relativ große Lager
Möncheberg-Ihringshäuserstraße, als Henschel-Wohnlager IX wahrscheinlich erst
Mitte 1943 errichtet, war ausschließlich für "Westarbeiter" (Italien,
Frankreich, Belgien, Niederlande, Luxemburg) vorgesehen. Es lag südöstlich der
Ihringshäuserstraße.
Lager Möncheberg-Simmershäuserstraße
Das Lager
Möncheberg-Simmershäuserstraße befand sich am oberen Ende der
Simmershäuserstraße und wurde erst 1943 als Henschel-Wohnlager X für mehrere
tausned Menschen eingerichtet. Es gehörte zu den großen Kasseler
Ausländerlagern. In den hier aufgeführten fünf Möncheberg-Lagern lebten ca. 8000
bis 10.000 Menschen.
Offenbar war damit für Henschel das verfügbare Gelände am Möncheberg
ausgeschöpft, denn das nächste Ausländerlager, das die Firma Henschel errichten
ließ, das sogenannte Henschel-Wohnlager XI wurde außerhalb Kassels, auf dem
Schäferberg bei Mönchehof/Espenau Ende 1943 eingerichtet.
Lager Mattenberg
Das Mattenberg-Lager war vermutlich das
zweitgrößte Ausländerlager (hinter den Möncheberg-Lagern) Kassels im Krieg. In
den 54 Baracken waren zur selben Zeit mehr als 6000 Menschen aus zahlreichen
Ländern (aus der Sowjetunion, Polen, Frankreich, Italien, Serbien und der
Tschechoslowakei, aus Elsaß. Lothringen u.a.) untergebracht, die bei den
Henschel-Flugmotoren-Werken (HFM) in Altenbauna (Gelände des heutigen
Volkswagenwerks Baunatal) arbeiten mußten. Die HFM, die noch andere Werke in
Deutschland hatten, waren zu 12-16% an der deutschen Flugmotorenproduktion im
Krieg beteiligt. Das Mattenberg-Lager hatte einen eigenen Kindergarten
eingerichtet, der mehr als 400 Kinder betreute. Im Lager wurden, gesondert
bewacht und umzäunt, sowjetische Kriegsgefangene in grünen Baracken
untergebracht. Trotz Teilzerstörungen durch Luftangriffe wurde das Lager bis zum
Kriegsende genutzt. In der Nachkriegszeit zogen in die als Notunterkünfte
genutzten Baracken "displaced persons", Obdachlose, Flüchtlinge, Vertriebene
ein; Zigeuner errichteten im oberen Teil des Mattenbergs ein Wohnwagenlager -
bis die Stadt die letzten Baracken abgerissen hatte und die Berufsfeuerwehr in
den 60er Jahren die letzten Wagen des Landfahrerlagers niederbrannte und den
Bewohnern Sozialwohnungen zuwies.
Junkers-Lager 1: Forstbachweg 2
Das Lager 1 der in Bettenhausen
angesiedelten Junkers Werke (heute das Gelände der AEG) war ausschließlich für
"Westarbeiter" vorgesehen. Franzosen, Belgier, Holländer und Luxemburger waren
nachweislich dort untergebracht. Gemeinsam mit dem Junkers-Lager 2 gehörte es zu
den großen Kasseler Lagern: in den 28 Baracken waren zur selben Zeit jeweils ca.
3000 Menschen untergebracht. Bei dem Luftangriff am 3. Oktober 1943 wurden die
beiden Junkers-Lager erheblich zerstört.
Junkers-Lager 2: Forstbachweg 4
Das Lager 2 der Junkers Werke war
ausschließlich für Ostarbeiter (aus der Sowjetunion) und Polen eingerichtet
worden. Es war von einem 2m hohen Stacheldrahtzaun umgeben und von der
Werkspolizei der Junkers Werke bewacht. Diese Werkspolizei arbeitete eng mit dem
Sicherheitsdienst der Geheimen Staatspolizei zusammen; sie erhielt von diesem
Weisungen. Die Arbeiter wurden in geschlossenen Kolonnen zur Arbeit geführt.
"Strafmaßnahmen" sollen im Lager durchgeführt worden sein; diese recihten zu
jener Zeit gegenüber den "Ostvölkern" vom Essensentzug bis zum Mord durch
Erhängen.
Fieseler Lager 1: Lilienthalstraße am Sportplatz 03
Hierbei handelt es sich um das erste
große Lager der Fieseler Werke in Bettenhausen. Es wurde im Jahre 1941 errichtet
und unter der Bezeichnung Lager Wartheland geführt. Es befanden sich dort
polnische und russische Zivilarbeiter (Männer und Frauen). Das Lager war von
einem 2m hohen Maschendrahtzaun umgeben und wurde vom Werkschutz bewacht, der
mit dem Sicherheitsdienst der Gestapo "zusammenarbeitete". Ein ehemaliger
Bewohner des Lagers erinnert sich an die Ermordung (sog. "Exekution") eines
Polen im Lager und die dabei gehaltene Rede eines Betriebsführers. Kurzfristig
wurden 1942 und 1943 "Westarbeiter" dort untergebracht.
Fieserler Lager 2: Nürnberger Straße
Beim Lager in der Nürnberger Straße (an
der heutigen Bundesstraße 83 gelegen), auch Lager Waldau genannt, handelte es
sich zunächst um einen Teil des Lagers Wartheland, das so "erweitert" werden
sollte. Im April 1943 kamen Holländer, Belgier und Franzosen vom Lager
Wartheland hierher; somit wurde es ein reines "Westlager". Nach einem schweren
Luftangriff am 30. Juli 1943 wurde das Lager Waldau wiederaufgebaut und hat bis
Kriegsende bestanden.
Spinnfaser A.G. Lager 1: Lilienthalstraße
Es hat sich um ein Lager für "Ost"- und
"Westarbeiter" gehandelt, das sich in unmittelbarer Nähe der Spifa befand. Das
Lager war bewacht und mit Stacheldrahtzaun umgeben. Es wurde 1943 bei einem
Luftangriff zerstört.
Spinnfaser A.G. Lager 3: Am Eichwald
Es handelte sich um die sogenannten
Eichwaldbaracken. Das Lager war ausschließlich für "Westarbeiter " vorgesehen,
die sich relativ frei (keine Bewachung) bewegen konnten. Es lag unmittelbar an
der Losse. Ein kleineres Lager 2 der Spifa befand sich in der Ochshäuser Straße
31-43.
Lager Dianawerk: Windhukstraße 38
Das Lager war für "Ostarbeiter" und für
"Westarbeiter" eingerichtet und mit einem Stacheldrahtzaun umgeben. Von
Mißhandlungen im Lager berichtet eine Polizeimeldung aus der Nachkriegszeit.
Fa. Wegmann: Lager Siemensstraße
Zwangsarbeiter aus Frankreich und
Belgien, die bei Wegmann arbeiten mußten, wurden hier untergebracht. Ein
ehemaliger Bewohner dieses Lagers erinnert sich an die Ermordung eines
russischen Arbeitskollegen (aus dem "Russen"-Lager der Fa. Wegmann in der
Schillerstraße), dem vorgehalten worden war, sich einen Anzug gestohlen zu
haben. Das Lager Siemensstraße wurde bei dem Luftangriff am 22. Oktober 1943
zerstört.
Lager Salzmann
Das Lager der Fabrik Salzmann & Co.
befand sich in der Sandershäuserstraße 34. Seit längerem waren dort Frauen aus
Polen und aus der Sowjetunion untergebracht, die im Werk arbeiten mußten.. Im
September 1944 wurde das Lager Salzmann zugleich auch ein sogenanntes
Mischlingslager: sogenannte "jüdische Mischehepartner" und "jüdische Mischlinge"
wurden dort untergebracht. Insgesamt waren es zwischen 1000 und 3000, die auch
aus anderen Gegenden Deutschlands (z.B. aus Dortmund) in dieses Arbeitslager
Kassel-Bettenhausen (Henschel-Werke) verbracht worden waren.
Lager Wartekuppe
Das Lager Wartekuppe in Niederzwehren
war zu Beginn des Krieges polnisches Kriegsgefangenenlager; später wurde es
Zwangsarbeiterlager für diejenigen, die bei der Fa. Credé zu arbeiten hatten. Es
waren Frauen und Männer dort untergebracht. Im Jahre 1944 wurde diesem Lager ein
Mischlingslager (ähnlich wie im Lager Salzmann, nur erheblich kleiner)
angegliedert. Eine "Judenbaracke" wurde eingerichtet, die durch einen Zaun vom
anderen Lager getrennt war. Die Bewohner der Judenbaracke trafen - als
"Überlebensgemeinschaft", wie eine Zeitzeugin berichtet - mit den
Zwangsarbeitern und Zwangsarbeiterinnen nur bei Luftangriffen zusammen, wenn
beide Gruppen versuchten, sich in einem Graben zu schützen. Weitere sog.
Mischlingslager wurden in Kassel in Schulen in der Schillerstraße und in
Oberzwehren 1944 eingerichtet.
KZ-Außenkommando Kassel: Im Druseltal
85
Von Juli 1943 bis zum Einmarsch der
Amerikaner am 4. April 1945 hat es in Kassel ein kleines Konzentrationslager mit
etwa 150 Gefangenen gegeben. Es war eines der 136 Außenkommandos des KZ
Buchenwald (bei Weimar). Es wurden von den Gefangenen (aus Polen, der
Sowjetunion, Tschechoslowakei, Italien, Belgien, Frankreich und den
Niederlanden) Bauarbeiten für den Höheren SS- und Polizeiführer Josias Erbprinz
zu Waldekc und Pyrmont, durchgeführt.
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